Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Vergütung besonderer Leistungen. Anwendung der GOÄ 1982. abschließende Regelung in § 10 JVEG. Hygienepauschale anlässlich der Covid-19-Pandemie. 4D-Wirbelsäulenvermessung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Grundsatz, dass die GOÄ (juris: GOÄ 1982) nur in den von § 10 Abs 2 JVEG ausdrücklich genannten Fällen zur Anwendung kommt (vgl Beschluss des LSG Stuttgart vom 9.10.2018 - L 10 KO 2806/18 mwN = MedR 2020, 157), schließt auch die Vergütung einer Hygienepauschale wegen der Covid-19-Pandemie analog der Nr 245 GOÄ aus.

2. Eine analoge Abrechnung von Nummern aus dem nach § 10 Abs 2 JVEG entsprechend anwendbaren Abschnitt O der Anlage zur GOÄ ist ebenfalls nicht möglich, weil § 10 Abs 2 S 2 JVEG nicht auf § 6 Abs 2 GOÄ verweist. Damit scheidet die Vergütung einer 4D-Wirbelsäulenvermessung analog Nr 5378 GOÄ aus.

 

Tenor

Die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom 15.09.2020 wird auf 1.259,10 € festgesetzt.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

In dem beim Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 12 SB 3624/19 geht es um die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. In dem Rechtsstreit ist der Antragsteller gemäß §109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt (eingeholter und mitgeteilter Kostenvorschuss 2.000 €) und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung des Klägers gebeten worden. Im September 2020 hat er sein orthopädisches Gutachten erstattet, wofür er eine Vergütung in Höhe von insgesamt 2.337,38 € verlangt. Abgerechnet hat der Antragsteller insgesamt 16,5 Stunden zu 100 €, nach der Anlage Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen zur Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ - Röntgenleistungen, ebenso nach GOÄ Sonografieleistungen und eine 4D-Wirbelsäulenvermessung mit Gang- und Laufbandanalyse (nachfolgend 4D-Wirbelsäulenvermessung) analog GOÄ, eine Hygienepauschale Covid 19 analog GOÄ, Schreibgebühren, die gesetzliche Umsatzsteuer sowie das verauslagte Porto.

Die Kostenbeamtin hat nach durchgeführter Plausibilitätsprüfung 13 Stunden zu einem Stundensatz von 75 €, antragsgemäß Röntgenleistungen, antragsgemäß Schreibgebühren, die gesetzliche Umsatzsteuer sowie antragsgemäß das verauslagte Porto, nicht aber Sonografieleistungen, die 4D-Wirbelsäulenvermessung und die Hygienepauschale, insgesamt einen Betrag von 1.259,10 € vergütet.

Mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung hält der Antragsteller am Honorarsatz von 100 € fest und begründet die besondere Schwierigkeit des Gutachtens mit einer Vielzahl an Erkrankungen und Verletzungen mit komplexer Zusammenwirkung und komplizierten Untersuchungsmethoden (4D-Wirbelsäulenvermessung). Die 4D-Wirbelsäulenvermessung sei in Anlehnung an Röntgenleistungen analog GOÄ abgerechnet worden. Die Abrechnung der Hygienepauschale Covid 19 beruhe auf einer Empfehlung u.a. der Ärztekammer. Er rügt die Abrechnung der Stunden insoweit, als die von der Kostenbeamtin ermittelten Ergebnisse der Einzelpositionen (Beantwortung der Beweisfragen und Korrektur) nicht aufgerundet worden seien.

II.

Über den Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) entscheidet der nach dem Geschäftsverteilungsplan für Kostensachen zuständige 10. Senat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Einzelrichter. Gründe für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.

Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Dementsprechend wird es gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages.

Da der Antragsteller gegen die von der Kostenbeamtin vergütete Anzahl der Stunden keine Einwände erhebt, bleibt es bei der zutreffend ermittelten Anzahl von 13 Stunden. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang rügt, die Ergebnisse der Einzelpositionen (Beantwortung der Beweisfragen und Korrektur) seien nicht aufgerundet worden, verkennt er, dass die Rundungsregel des § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG erst am Ende der Prüfung auf die Gesamtstundenzahl Anwendung findet (Beschluss des Senats vom 04.08.2020, L 10 KO 1946/20; Meyer/Höver/Bach/Overlack/Jahnke, JVEG, 27. Auflage, § 8 Rdnr. 17 m.w.N.; Schneider, JVEG, 3. Auflage, § 8 Rdnr. 68).

Die Kostenbeamtin hat das Gutachten zutreffend mit einem Honorarsatz von 75 € vergütet.

Medizinische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 für jede Stunde ein Hono...

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