Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufliche Weiterbildung. berufliche Ausbildung. Abgrenzung. Förderfähigkeit. objektive Kriterien. Ausgestaltung. berufliche Vorkenntnisse. dreijährige Ausbildung zum Physiotherapeuten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Abgrenzung zwischen Maßnahmen der beruflichen Ausbildung und der beruflichen Weiterbildung ist nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Das bedeutet, dass die konkrete Ausgestaltung des Bildungsangebots maßgeblich ist. Hierbei spielt auch eine Rolle, ob berufliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen verlangt werden, da eine berufliche Weiterbildung eine angemessene Berufserfahrung voraussetzt.

2. Der Besuch einer 3-jährigen Fachschule für Physiotherapie, der keine besonderen Berufskenntnisse oder -erfahrungen voraussetzt, ist keine Weiterbildung iS von §§ 77, 85 SGB 3.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Förderung der vom Antragsteller am 1. Oktober 2006 begonnenen Ausbildung zum Physiotherapeuten an der S. Fachschule für Physiotherapie in K. durch die Antragsgegnerin als Maßnahme der Weiterbildung i.S.d. §§ 77 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).

Der am ... 1977 geborene Antragsteller absolvierte von Oktober 1993 bis August 1996 eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und arbeitete in diesem Beruf von März 1999 bis März 2000. Im Anschluss war er bis August 2005 bei der Deutschen Bundespost als angelernter Arbeiter beschäftigt. Im September 2005 begann er eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der D. Bank AG, die er am 10. März 2006 abbrach.

Sein Antrag vom 7. April 2006 auf Förderung einer Ausbildung zum Physiotherapeuten wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. Mai 2006 mit der Begründung abgelehnt, die Dauer der Maßnahme sei nicht angemessen i.S.v. § 85 Abs. 2 SGB III, da die Ausbildung drei Jahre dauere und damit nicht gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit verkürzt sei. Da eine Verkürzung der Ausbildung um ein Drittel nach der gesetzlichen Regelung ausgeschlossen sei, sei die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert sei. Dies sei jedoch beim Antragsteller nicht der Fall. Eine Finanzierungssicherung in diesem Sinne erfordere eine bereits zu Beginn der Ausbildung vorliegende Bestätigung des Bildungsträgers über die Übernahme der Weiterbildungskosten sowie einer Ausbildungsvergütung. Eine Eigenfinanzierung durch den Teilnehmer oder die Gewährung eines Darlehens durch die Ausbildungsstätte reiche nicht aus. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 26. September 2006 zurückgewiesen. Über die dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 13 AL 4789/06) ist noch nicht entschieden.

Den am 21. November 2006 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welchem der Antragsteller die (vorläufige) Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin für die am 1. Oktober 2006 begonnene Maßnahme begehrt, hat das SG durch den angegriffenen Beschluss abgelehnt. Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die damit begründet wird, die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 77, 85 SGB III lägen vor. Insbesondere sie auch die Finanzierung des dritten Ausbildungsabschnitts gesichert. Dies sei nicht nur bei einer Finanzierungssicherung durch den Träger - wie von der Antragsgegnerin angenommen - der Fall, sondern auch dann, wenn der Antragsteller selbst die Finanzierung sicherstelle, z. B. durch Leistungen Dritter. Vorliegend sei die Ausbildungsfinanzierung gewährleistet; durch Bescheid vom 29. November 2006 sei dem Antragsteller Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von 412,- € monatlich für die Zeit von Oktober 2006 bis September 2007 bewilligt worden. Außerdem sie die S.-Bank bereit, für das dritte Ausbildungsjahr ein Bildungsdarlehen zu gewähren.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Januar 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die Ausbildung zum Physiotherapeuten, beginnend ab dem 1. Oktober 2006 für die Dauer von zwei Jahren, als Maßnahme der beruflichen Weiterbildung darlehensweise entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ni...

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