Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung. Übernahme der tatsächlichen Reisekosten für eine Vorstellungsgespräch. geplante Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. freie Förderung. Widerruf der Gewährung einer Kostenpauschale

 

Orientierungssatz

1. Zur Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Übernahme der Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch im Ausland nach § 45 SGB 3, wenn der Arbeitssuchende die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit plant.

2. Zur Rechtmäßigkeit des Widerrufes einer im Rahmen der freien Förderung gewährten Kostenpauschale für die Auslandsreise wegen Nichterfüllung des im Verwaltungsakt festgelegten Leistungsverwendungszwecks.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zahlungen von Reisekosten, Aufwendungen für ein Projekt sowie Arbeitslosenhilfe ab 15.12.1999.

Der 1954 geborene Kläger war bis 31.10.1993 als Fachberater im Außendienst eines Einrichtungshauses beschäftigt. Vom 1.11.1993 bezog er mit Unterbrechungen wegen des Bezuges von Krankengeld und Übergangsgeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 29.6.1996 Arbeitslosengeld, anschließend ab 1.7.1996 Arbeitslosenhilfe.

Nach einem Gespräch mit dem Arbeitsvermittler W am 8.4.1998 wurden dem Kläger am 9.4.1998 Anträge auf Reisekosten ausgehändigt. Mit einem von ihm unter dem 9.12.1998 unterzeichneten Antragsvordruck, der am 17.12.1998 beim Arbeitsamt Balingen (AA) einging, beantragte der Kläger die Übernahme von Reisekosten für die Vorstellung am 16.10.1998 und 19.10.1998 bei der P in L. In diesem Antragsvordruck ist als Tag der Antragstellung von einem Mitarbeiter des AA der 9.4.1998 genannt. Diesen Antrag lehnte das AA ab (Bescheid vom 28.1.1999; Widerspruchsbescheid vom 12.3.1999). Zur Begründung führte es aus, die Reise mit dem PKW nach L vom 13.10.1998 bis 22.10.1998 und deren Zweck sei vorher mit der zuständigen Fachkraft nicht abgesprochen und somit auch nicht genehmigt worden. Die Erstattung der Kosten sei wegen des Territorialprinzips des Sozialgesetzbuches nicht möglich. Eine Förderung gemäß § 10 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch -- Arbeitsförderung -- (SGB III) sei ebenfalls nicht möglich, da eine vorherige Absprache und Feststellung des Sinnes und Zweckes dieser Reise nicht stattgefunden habe.

Gegen den als Einschreiben am 15.3.1999 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 16.3.1999 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (S 9 AL 980/99).

Bei einer Vorsprache am 29.3.1999 beantragte der Kläger mündlich die Übernahme von Fahrtkosten ins Ausland. Bezugnehmend auf diese Vorsprache beantragte er mit Schreiben vom 31.3.1999 die Förderung durch freie Mittel gemäß § 10 SGB III und gab an, anknüpfend an eine frühere Vortragstätigkeit in Wort und (Licht-)Bild zum Thema E Architektur und Design beabsichtige er, die beiden unmittelbar letzten sowie die nächste Expo 2000 in H zu verbinden und in die Ausarbeitung weiterer Vorträge einzubeziehen. Hierzu seien weitere Recherchen und Fotografien an den Orten der beiden vergangenen Expo-Veranstalter erforderlich.

Mit Bescheid vom 20.4.1999 bewilligte das AA dem Kläger eine Kostenpauschale für das von ihm vorgestellte Projekt (Portugal) in Höhe von DM 550,00, bei deren Festlegung Kosten für öffentliche Verkehrsmittel unter Berücksichtigung einer angemessenen Eigenbeteiligung zu Grunde gelegt wurden. Es bat den Kläger, nach Abschluss der Reise einen Tätigkeitsbericht und entsprechende Nachweise vorzulegen. Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, die Kostenpauschale sei zu gering. Die Widerspruchsstelle des AA wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 15.6.1999). Zur Begründung führte sie aus, die Leistungshöhe entspreche dem Durchschnittspreis eines Fluges (hin und zurück) nach Lissabon. Die Kostenpauschale sei nach den vorgegebenen und selbst festgelegten Richtlinien bewilligt worden. Oberste Priorität habe dabei, die Arbeitslosigkeit und damit den Leistungsbezug zu beenden. Es werde dabei auch eine angemessene Eigenbeteiligung des Antragstellers vorausgesetzt. Der Kläger habe bis jetzt dem AA kein Datum einer möglichen Arbeitsaufnahme (auch Selbstständigkeit) genannt. Damit sei ein wichtiges Ziel auch dieser Leistungen nicht erfüllt. Die Grenze des Ermessens sei erreicht. Eine weitere Förderung (Portugal) gemäß § 10 SGB III könne daher nicht erfolgen.

Der Widerspruchsbescheid wurde als Übergabe-Einschreiben am 17.6.1999 zur Post gegeben. Der Kläger hat mit Schreiben vom 12.7.1999, beim SG am 20.7.1999 eingegangen, Klage erhoben (S 9 AL 1896/99) und in der Klageschrift den Eingang des Widerspruchsbescheides mit dem "18./19.6.1999" angegeben.

Mit Beschluss vom 5.10.1990 hat das SG die Verfahren S 9 AL 980/99 und S 9 AL 1896/99 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen S 9 AL 980/99 fortgeführt. Bezüglich der Reisekosten nach L hat der Kläger geltend gemacht, er habe erst im Januar 1999 erfahren, dass zum 1.1.1998 eine Änderung durch das SGB III eingetreten sei, die die bisherig...

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