Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Voraussetzungen einer Aufhebung nach § 124 Nr 4 ZPO. Zahlungsverzögerung wegen nachträglicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen einen Beschluss, mit dem das SG die Bewilligung von PKH nach § 124 Nr 4 ZPO aufgehoben hat, ist die Beschwerde nicht nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ausgeschlossen (Anschluss an LSG Mainz, Beschluss vom 16.6.2008, L 5 B 163/08 AS = NZS 2009, 64).

2. Zu den Voraussetzungen für eine Aufhebung der PKH-Bewilligung nach § 124 Nr 4 ZPO, wenn die Zahlungsverzögerung auf eine nachträgliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Januar 2009 wird aufgehoben.

 

Gründe

I.

In dem noch anhängigen Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) macht der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung geltend. Mit einem am 5. Februar 2008 beim SG eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten begründete der Kläger die Klage und beantragte gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren. Durch Beschluss vom 18. Juni 2008 gewährte das SG dem Kläger PKH mit monatlicher Ratenzahlung in Höhe von 60,- €. Damals verfügte der Kläger über Einkünfte in Höhe von 1.312,- € (Arbeitslosengeld in Höhe von 622,50 € monatlich sowie Mieteinnahmen in Höhe von monatlich 690,- €), denen monatliche Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 773,- € gegenüberstanden. Der Zeitpunkt, ab wann der Kläger die Raten zu zahlen hatte, wurde im Beschluss des SG nicht festgelegt.

Die Landesoberkasse forderte den Kläger mit Schreiben vom 25. Juni 2008 auf, die festgesetzten Raten ab 15. Juli 2008 auf ein bestimmtes Konto zu überweisen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach; er zahlte bislang überhaupt keine Raten. Deshalb forderte - nach vorherigen Mahnungen durch die Landesoberkasse - das SG den Kläger mit einem an ihn gerichteten Schreiben vom 30. Oktober 2008 auf, die rückständigen Raten in Höhe von 240,- € unverzüglich zu zahlen. Nachdem ein Zahlungseingang nicht feststellbar war, hob das SG mit Beschluss vom 22. Januar 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 27. Januar 2009, die Bewilligung von PKH mit der Begründung auf, der Kläger habe trotz entsprechender Zahlungserinnerungen der Landesoberkasse und nach erfolgter Anhörung seitens des Gerichts mit dem Hinweis auf die drohende Aufhebung der Bewilligung weder die rückständigen Raten beglichen noch Umstände mitgeteilt, die hätten erkennen lassen, dass er unverschuldet mit der Ratenzahlung in Rückstand geraten wäre.

Mit seiner dagegen am 5. Februar 2009 beim SG eingelegten Beschwerde hat der Kläger geltend gemacht, er habe seit Mai 2008 kein Einkommen mehr, beziehe insbesondere keine Hartz IV-Leistungen und auch kein Arbeitslosengeld mehr. Er werde von seinen Geschwistern unterstützt. Er selbst wohne in einer Scheune, das vordere kleine Haus habe er an seinen Bruder vermietet. Ergänzend hat sein Bevollmächtigter unter Vorlage eines Leistungsnachweises der Bundesagentur für Arbeit mitgeteilt, dass der Leistungsbezug von Arbeitslosengeld am 30. Juli 2008 geendet habe. Deswegen habe sich seine Leistungsfähigkeit erheblich verschlechtert. Er habe parallel zu dem Beschwerdeverfahren deswegen beim SG die Gewährung von PKH ohne Ratenzahlung beantragt.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Januar 2009 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Akten des SG verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen. Mit der Neufassung des § 172 SGG mit Wirkung ab 1. April 2008 intendierte der Gesetzgeber, zur Entlastung der Landessozialgerichte die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH nur noch dann zuzulassen, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden (BR-Drs 820/07, Teil B, zu Nr. 29). Hat das Gericht hingegen die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint, ist die Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht statthaft. Der Ausschluss der Beschwerde bezieht sich damit nur auf die Ablehnung von PKH, wenn das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint. Vorliegend hat das SG aber dem Kläger PKH unter Ratenzahlung gewährt und diese nur deswegen aufgehoben, weil der Kläger mit der Ratenzahlung in Verzug geraten ist. In einem solchen Falle ist die Beschwerde nicht ausgeschlossen. Eine Aufhebung der Bewilligung von PKH wird vom Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG, der insoweit eindeutig und deshalb einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich ist, nicht erfasst. Eine analoge Anwendung der Regelung kommt nicht in Betracht, da weder eine planwi...

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