Rz. 5

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung firmiert als "GmbH". Die Zahl der GmbHs schrumpfte bis ca. 2010; seit 2009 hat sich die Anzahl der Gesellschaften mit beschränkter Haftung von 89 auf nunmehr 638 (31.12.2019) vervielfacht; die praktische Bedeutung im Fürstentum Liechtenstein war sehr gering, ist aber deutlich gestiegen. Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass sich die übliche Geschäftstätigkeit in der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der Anstalt abspielte, was heute nicht mehr so der Fall ist. Zudem kann die Reform des GmbH Rechts, welche seit dem 1.1.2017 in Kraft getreten ist, zu einer Erhöhung der neu gegründeten GmbHs geführt haben.

 

Rz. 6

Wie bereits erwähnt gibt es neben knapp 5.000 Aktiengesellschaften und ca. 5.250 Anstalten "nur" ca. 650 Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH. Die GmbH hat demnach nur eine geringe Bedeutung als Gesellschaftsform aktiv wirtschaftlich tätiger Unternehmen; in der Tendenz gewinnt sie sehr an Bedeutung, während die anderen Rechtsformen dramatisch schrumpfen.

 

Rz. 7

Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen finden sich im PGR von 1926, dort in Art. 389 ff. bis 427, Abschnitt "Körperschaften" als Teil des Abschnitts über die "Verbandspersonen" (juristische Personen). Mit der Änderung des PGR in LGBl 2000 Nr. 276 wurde beispielsweise (mit der Änderung des Art. 389 Abs. 1 PGR) die Mehr-Personen-GmbH zulässig und damit die 12. EG-Gesellschaftsrechts-Richtlinie[7] umgesetzt. Am 28.9.2016 hat der liechtensteinische Landtag das Gesetz über die Abänderung des Personen- und Gesellschaftsrechts verabschiedet, LGBl 2016/402; BuA 68/2016. Ziel des Gesetzes ist die Erhöhung der Attraktivität der liechtensteinischen GmbH. Sie soll insbesondere für start-ups interessanter werden. Wichtigste Änderung war die Absenkung des Mindest-Stammkapitals von 30.000 auf 10.000 SFR/EUR/US$ (Art. 122 PGR). Darüber hinaus sollte die Gründung erheblich vereinfacht werden. Die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung der Statuten entfällt, wenn die zu gründende GmbH höchstens drei Gesellschafter und höchstens einen Geschäftsführer hat. Außerdem müssen die Statuten nach Maßgabe der vom Amt für Justiz zur Verfügung gestellten Mustervorlage erstellt werden, Art. 390 Abs. 5 PGR. Bezüglich der Haftung der Gesellschafter regelt der neu gefasste Art. 415 Abs. 1 PGR, dass nur Vermögen der Gesellschaft haftet.

 

Rz. 8

In den letzten Jahrzehnten ließ sich am Beispiel der Anerkennung von liechtensteinischen Gesellschaften geradezu lehrbuchhaft der Wechsel von der gerade in Deutschland überwiegenden Sitztheorie zur nunmehr (gerade auf europarechtlichem Hintergrund) verbreiteten Gründungstheorie verdeutlichen. Von der traditionellen Sitztheorie ignoriert, wurden liechtensteinische Gesellschaften danach in personengesellschaftliche Rechtsformen entsprechend der Theorie des "Typenvergleichs" umgedeutet, bis sie letztlich über Art. 43, 48 EG bzw. 31, 34 EWRA anerkannt wurden.

 

Rz. 9

Die traditionelle Sitztheorie ist bisher nicht so angewandt worden, dass man auf die im Satzungssitzstaat bestehende Gesellschaft im Verwaltungssitzstaat das der ausländischen Rechtsform entsprechende inländische Recht angewendet hätte. Vielmehr ist die liechtensteinische Gesellschaft nach der herkömmlichen Sitztheorie als nicht existent, d.h. als "Nullum" betrachtet worden.[8]

 

Rz. 10

Erst vor wenigen Jahren ging die deutsche Rspr. zur modifizierten Sitztheorie über. Damit wurden Auslandsgesellschaften mit inländischem Verwaltungssitz in diejenige Gesellschaftsform umqualifiziert, der sie mangels Eintragung im inländischen Register entspricht, nämlich in eine personengesellschaftliche Rechtsform. Durch die Rspr. des EuGH in den letzten beiden Jahrzehnten ging die Mehrzahl der europäischen Staaten zur Gründungstheorie über, da der EuGH die Sitztheorie als Verstoß gegen Art. 48 bzw. Art. 34 EWRA ansah.[9] Liechtensteinische Gesellschaften werden nun ausdrücklich anerkannt.[10]

[7] Richtlinie 89/667/EWG des Rates v. 21.12.1989, ABl 1989, L 395/40.
[8] Grundlegend Prast, Anerkennung liechtensteinischer Gesellschaften im Ausland, 1997. Zusammenfassend Wagner, Liechtenstein-Journal 2009, 12 ff. Hierzu ders. in Liechtenstein-Journal 2015, 60 (zum entspr. Forschungsprojekt an der Universität Liechtenstein).
[9] Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004, § 2 Rn 47.
[10] BGH 19.9.2005 – II ZR 372/03, NJW 2005, 3351 ff., BGHZ 164, 148; Hellgart/Illmer, NZG 2009, 94 ff.

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