Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsanspruch der Wohnungseigentümer gegen den Betrieb einer psychologischen Einzelpraxis in einer vermieteten Eigentumswohnung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Betrieb einer psychologischen Einzel-Praxis in den Räumen der vermieteten Eigentumswohnung zu den üblichen Tageszeiten steht mit der Zweckbestimmung einer Nutzung zu Wohnzwecken in Einklang.

Der Betrieb einer psychologischen Einzelpraxis in einer vermieteten Eigentumswohnung ist von der Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls dann zu dulden, wenn die Praxisausübung sich auf die Tageszeit zwischen 8.30 und 18.30 Uhr beschränkt und durchschnittlich nicht mehr als 40 Patienten pro Woche empfangen werden.

 

Tatbestand

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Beteiligte zu 1. hat seine Eigentumswohnung an seine Ehefrau, die Beteiligte zu 7., zum Betrieb einer psychologischen Praxis vermietet.

Hiergegen haben sich die übrigen Wohnungseigentümer durch verschiedene Beschlüsse gewandt, weil sie der Meinung waren, durch den Betrieb der psychologischen Praxis werde das Wohnungseigentum entgegen der Bestimmung in der Teilungserklärung, die lediglich eine Nutzung zu Wohnzwecken vorsieht, in Anspruch genommen.

Diese Beschlüsse hat der Beteiligte zu 1. angefochten. In seinem Beschluß v. 18. 3. 1997 hat das AG Solingen den Anträgen des Beteiligten zu 1. weitgehend stattgegeben und - soweit mit der Beschwerde angefochten - wie folgt entschieden:

"2. Es wird festgestellt, daß der Beschluß der Eigentümergemeinschaft vom 12. 2. 1997, Tagesordnungspunkt 1., Ziffer 2 (Verbot der Nutzung der Eigentumswohnung des Beteiligten zu1.) für eine psychologische Praxis) unwirksam ist.

...

4. Es wird festgestellt, daß der Beteiligte zu 1. berechtigt ist, seine Wohnung als Praxis für seine Ehefrau zum Betreiben einer psychologischen Praxis, und zwar montags bis freitags zwischen 10.00 und 21.00 Uhr, zu vermieten."

Zur Begründung hat das AG ausgeführt, von der psychologischen Praxis der Beteiligten gingen keine stärkeren Beeinträchtigungen aus, als von einer normalen, zu Wohnzwecken benutzten Wohnung.

Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde der Beteiligten zu 2. bis 6. und zu 8. Sie wiederholen und vertiefen ihre Rechtsauffassung. Insbesondere sind sie der Auffassung, daß wegen der Art der Patienten der Beteiligten zu7., die nämlich psychische Probleme hätten, die Hausbewohner Ängsten ausgesetzt seien.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat im wesentlichen keinen Erfolg; lediglich soweit in Ziffer 4. des amtsgerichtlichen Beschlußtenors das Betreiben der Praxis in der Zeit von 10.00 bis 21.00 Uhr gestattet wurde, hat die Kammer statt dessen lediglich eine Zeit von 8.30 bis 18.30 Uhr werktags von Montag bis Freitag für angemessen erachtet.

In der Teilungserklärung wird den Wohnungseigentümern das Sondereigentum an den acht Wohnungen "zu Wohnzwecken" zugewiesen. Grundsätzlich ist damit eine Zweckbestimmung dahingehend getroffen, daß die im Sondereigentum stehenden Räume auch nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2. bis 6. und zu 8. bedeutet dies jedoch nicht, daß jede Nutzung zu einem anderen Zweck ausgeschlossen sein soll. In Rechtsprechung und Lehre ist es vielmehr anerkannt, daß auch bei einer Zweckbestimmung "zu Wohnzwecken" eine andere Nutzung möglich ist, soweit diese nicht mehr stört, als die dem ursprünglichen Zweck dienende Nutzung (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., Rz. 46 zu § 13 WEG m. w. N.). So ist es von der Rechtsprechung als zulässig angesehen worden, ein in der Teilungserklärung als "Wohnung" gekennzeichnetes Wohneigentum als Architektenbüro oder Steuerpraxis zu nutzen (KG NJW-RR 1995, 333/334 (=WM 1994, 494)). Zur Begründung wird unter anderem auf den Wortlaut des § 13 Abs. 1 WEG verwiesen, der selbst von der - weiteren - Befugnis des Wohnungseigentümers spreche, das Wohnungseigentum nicht nur zu bewohnen, sondern auch "in sonstiger Weise zu nutzen". In Übereinstimmung mit dem Rechtsgedanken des § 14 Nr. 1 WEG sei deshalb von den übrigen Wohnungseigentümern eine über das Wohnen hinausgehende Nutzung des Sondereigentums dann zu dulden, wenn diese Nutzung als zumutbar angesehen werden könne. Diese Ausführungen finden in Rechtsprechung und Literatur breite Zustimmung (BayObLG MDR 1994, 582 (= WM 1994, 393); LG Berlin DWE 1995, 44; Bärmann/Pick/Merle a. a. O.).

Somit ist lediglich für die Kammer die Frage zu klären, ob im konkreten Fall die Benutzung der Eigentumswohnung durch die Beteiligten zu 7. als psychologische Praxis für die Mitbewohner der anderen Räume keine größeren Störungen als üblich und zumutbar verursacht.

Hierzu ist die Kammer der Auffassung, daß eine solche Störung von der Benutzung als psychologische Praxis jedenfalls dann nicht ausgeht, wenn sich die Beteiligte zu 7. dabei innerhalb der durch die Kammer jetzt vorgegebenen zeitlichen Grenzen - von 8.30 bis 18.30 Uhr - bei ihrer Praxisausübung hält. Die Beteiligte z...

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