Verfahrensgang

AG Remscheid (Aktenzeichen 13 M 2401/10)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der weitere Beteiligte wird angewiesen, gegen die geäußerten Bedenken gegen die ihm erteilten Vollstreckungsaufträge der Gläubigerin Abstand zu nehmen.

Die Kosten des Verfahrens - beider Rechtszüge - trägt der Schuldner.

 

Gründe

Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung aus dem vollstreckbaren Beschluss des OLG Köln (6 UR 84/99 und 6 UF 88/99) vom 29. Juni 1999. Sie hat dem weiteren Beteiligten Aufträge zur Mobiliarvollstreckung - Pfändung und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung - erteilt wegen einer Teilforderung in Höhe von 17.416,16 EUR unter - jeweiliger - Beifügung einer Forderungsaufstellung, nach Kosten, Zinsen und Hauptsache aufgeschlüsselt. Im Titel sind Zinsen nicht tituliert. In der Forderungsaufstellung sind Zahlungen des Schuldners enthalten, die die Gläubigerin nach der Forderungsaufstellung gemäß § 367 Abs. 1 BGB zum geringen Teil auf Kosten, alsdann aber auch hauptsächlich auf Zinsen, die ausgewiesen sind, verrechnet hat.

Der nach der Verrechnung verbleibende Zinssaldo ist ausdrücklich vom Vollstreckungsauftrag ausgenommen.

Mit Schreiben vom 20.04., 22.05., 08.06. und 10.09.2010 hat der weitere Beteiligte die Fortsetzung und Ausführung des Vollstreckungsauftrages verweigert, jeweils unter Hinweis darauf, dass Zinsen nicht tituliert seien, und eine neue Forderungsaufstellung von der Gläubigerin begehrt.

Hiergegen hat die Gläubigerin Erinnerung gemäß § 766 ZPO eingelegt, der der Schuldner entgegengetreten ist.

Durch die angefochtene Entscheidung, auf die im übrigen verwiesen wird, hat das Amtsgericht die Erinnerung zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrem Rechtsmittel mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27. Dezember 2010, dem das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

Dem Schuldner ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Er hat sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird verwiesen auf den Inhalt der Akten.

Das Rechtsmittel ist nach Vorlage der Akten an die Kammer zulässig als sofortige Beschwerde gemäß §§ 793, 567 ff. ZPO und hat auch in der Sache Erfolg.

Es führt zur Anweisung an den weiteren Beteiligten, von den geäußerten Bedenken gegen die Durchführung und Fortsetzung des Vollstreckungsauftrages Abstand zu nehmen.

Die Gläubigerin hat eine Forderungsaufstellung zur Berechnung der titulierten Restforderung vorgelegt, die den Anforderungen entspricht. Denn in ihr ist die Gläubigerforderung nach Hauptsache, Zinsen, Prozess- und Vollstreckungskosten bestimmt und bestimmbar dargestellt.

Der weitere Beteiligte hat zu Unrecht die Fortsetzung und Ausführung des Vollstreckungsauftrages abgelehnt unter Hinweis darauf, dass Zahlungen des Schuldners auf nicht titulierte Zinsen verrechnet seien. Dies unterliegt nicht dem Prüfungsrecht des Gerichtsvollziehers als Vollstreckungsorgan.

Macht ein Gläubiger, wie vorliegend, neben der titulierten Hauptforderung auch nicht titulierte Nebenforderung, hier Zinsen, geltend, kann er Teilleistungen des Schuldners zulässigerweise gemäß § 367 Abs. 1 BGB hierauf verrechnen. Der Umstand, dass zum Zeitpunkt dieser Verrechnung bereits ein Titel über die Hauptforderung bestand, hindert ihn nicht, außerhalb der Zwangsvollstreckung erbrachte Teilleistungen nicht nur auf die titulierte Forderung anzurechnen. Der Titel gewährt eine begünstigte Rechtstellung. Diese kann dem Gläubiger nicht zum Nachteil gereichen und nicht dazu führen, dass hinsichtlich nicht titulierter Ansprüche bestehenden Rechte beschnitten werden. Vielmehr muss der Schuldner insoweit, wenn er sich gegen aus seiner Sicht unberechtigte Verrechnungen auf nicht titulierte Nebenforderungen wenden will, Vollstreckungsgegenklage erheben (vgl. LG Kiel, DGVZ 1994, 60; LG Münster, DGVZ 1994, 10).

Dies alles, nämlich die sachliche Überprüfung der Richtigkeit der Verrechnung, unterliegt nicht der Prüfung des Vollstreckungsorganes. Dies gilt grundsätzlich deshalb, weil Vollstreckungsgrundlage die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels ist und der so vollstreckbar ausgewiesene Anspruch des Gläubigers ebenso wie Einwendungen gegen ihn nicht im Vollstreckungsverfahren durch das Vollstreckungsorgan zu prüfen sind (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rdnr. 464).

Die Gläubigerin begehrt auch nicht etwa die Vollstreckung wegen nicht titulierter Zinsen. Dies ergibt sich aus ihrer Forderungsaufstellung und dem Vollstreckungsauftrag, in dem der - nach Verrechnung restliche - Zinssaldo ausdrücklich ausgenommen ist.

Nach alldem war zu erkennen wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 4.500,00 EUR (verrechnete Zinsen).

 

Fundstellen

Haufe-Index 4022772

DGVZ 2011, 113

FoVo 2012, 78

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