Verfahrensgang

AG Waldshut-Tiengen (Entscheidung vom 01.10.2008; Aktenzeichen 4 M 1614/07)

 

Tenor

  • 1.

    Der Beschluss des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 01.10.2008 wird aufgehoben.

  • 2.

    Die Gerichtsvollzieherin wird angewiesen, die Pfändung des PKW Seat Ibiza des Schuldners nicht aus dem Grund des §803 Abs. 2 ZPO abzulehnen.

 

Gründe

I.

Der Gläubiger begehrt die Pfändung und Versteigerung eines PKW Seat Ibiza des Schuldners, die von der Gerichtsvollzieherin gemäß §803 Abs. 2 ZPO abgelehnt wurden, da ein Überschuss über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht zu erwarten sei. Die Kosten schätzt die Gerichtsvollzieherin auf , eine Schätzung des Fahrzeugswerts wurde nicht beziffert.

Gegen die Ablehnung legte der Gläubiger mit Schriftsatz vom 25.07.2008 Erinnerung ein und beantragte gleichzeitig die Herausgabe des Fahrzeugs an sich gegen Vornahme einer Abschreibung von auf die Forderung. Mit Beschluss vom 01.10.2008, dem Gläubigervertreter zugestellt am 10.10.2008, wies das Amtsgericht Waldshut-Tiengen - Vollstreckungsgericht - die Erinnerung zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 24.10.2008, bei Gericht eingegangen am selben Tag. Mit Verfügung vom 22.12.2008 wurde die Akte dem Landgericht vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Sie hat auch in der Sache Erfolg, da die Gerichtsvollzieherin die beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht ablehnen durfte.

Dabei ist davon auszugehen, dass der Schutz des Schuldners im Rahmen des §803 ZPO nicht übersteigert werden darf. Die Ablehnung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn sicher ist, dass sie keinerlei Aussicht auf Erfolg hat (LG Göttingen, Beschluss vom 21.04.1986, 5 T 48/86). So darf ein Gerichtsvollzieher die Pfändung eines PKW mit einem Schätzwert von 1.200,- DM nicht mit der Begründung verweigern, die Vollstreckung werde im Ergebnis einen nennenswerten Erlös für den Gläubiger nicht bringen, da dem Gläubiger die entsprechende Chance nicht von vorneherein genommen werden darf (AG Goslar, Beschluss v. 14.08.1998, 10 a M 747/98). Bereits bei Anwendung dieser Grundsätze ist fraglich, ob die Ablehnung der Vollstreckungsmaßnahmen gerechtfertigt war. Die Gerichtsvollzieherin schätzt die Vollstreckungskosten auf , wobei sich allerdings die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens für nicht ohne weiteres erschließt. Zudem hat der Gläubiger unter Vorlage entsprechender Internet-Ausdrucke dargelegt, dass dort vergleichbare Fahrzeuge für einen Preis von ca. angeboten werden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Angebotspreise über den tatsächlich zu erzielenden Kaufpreisen liegen, besteht eine erhebliche Differenz zu den veranschlagten Kosten. Dabei erscheint es auch nicht gerechtfertigt, von vorneherein davon auszugehen, dass eine Verwertung nur zu dem Mindestgebot, also der Hälfte des geschätzten Wertes, möglich sein wird.

Letztlich kann dies aber dahinstehen, da eine Pfändung aus den Gründen des §803 Abs. 2 ZPO jedenfalls dann nicht abgelehnt werden kann, wenn - wie hier - der Gläubiger anbietet, sich einen zu pfändenden Gegenstand zu einem Anrechnungspreis übereignen zu lassen, der die zu erwartenden Kosten der Zwangsvollstreckung übersteigt (LG Köln, Beschluss v. 24.10.1987, 10 T 150/87; AG Walsrode, Beschluss v. 09.03.1984, 8 M 1857/83). Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn eine entsprechende Absicht des Gläubigers nur möglich erscheint, aber noch nicht feststeht (vgl. AG Bad Hersfeld, Beschluss vom 05.07.1993, 5 M 460/93). Nachdem hier die zu erwartenden Kosten der Zwangsvollstreckung unter den von dem Gläubiger bereits angebotenen Anrechnungspreis von liegen, musste die Gerichtsvollzieherin die beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchführen.

Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers war daher der Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und die entsprechende Verpflichtung der Gerichtsvollzieherin auszusprechen.

Eine Kostenentscheidung entfällt: Der Beschwerdeführer hat als Obsiegender keine Kosten zu tragen. Dem Schuldner können im einseitigen Beschwerdeverfahren keine Kosten auferlegt werden (Zöller/Stöber, RN 7 zu §794).

 

Fundstellen

Haufe-Index 3028524

DGVZ 2009, 47

FoVo 2010, 15

FoVo 2010, 15-16

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