Leitsatz (amtlich)

Bei einer allein von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision besteht für den Angeklagten so lange kein rechtliche Notwendigkeit für die Einschaltung eines Verteidigers im Revisionsverfahren, wie die Staatsanwaltschaft ihre Revision nicht begründet hat. Beauftragt der Angeklagte früher einen Verteidiger, sind die dadurch entstehenden Auslagen nicht "notwendig" und werden im Fall der Rücknahme nicht erstattet.

 

Tenor

Der Antrag des Angeklagten vom 14. Oktober 2011, seine ihm aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen für das Revisionsverfahren auf 321,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz festzusetzen, wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine diesbezüglichen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte.

Die Entscheidung unterliegt keiner weiteren Anfechtung (§ 310 Abs. 2 StPO).

 

Gründe

1.

Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Nienburg (Weser) vom 29. März 2011 (vgl. BI. 20 ff. Bd. II d.A.) in der Fassung des Berufungsurteils des Landgerichts Verden vom 6. Juli 2011 (Az. 12 Ns 64/11, vgl. BI. 70 ff. Bd. II d.A.), rechtskräftig seit dem 16. September 2011, wegen fahrlässigen Eingriffs in den Bahnverkehr verwarnt; die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40,00 EUR blieb vorbehalten. Zudem wurden dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens einschließlich des Berufungsverfahrens und seine notwendigen Auslagen auferlegt. Gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Verden vom 6.Juli 2011 legte die Staatsanwaltschaft Verden mit Schreiben vom 7. Juli 2011 am 8. Juli 2011 form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Revision ein (vgl. Bl. 59 Bd. II d.A.). Das schriftlich abgefasste Urteil ging mit den Gründen am 8. August 2011 auf der Geschäftsstelle des Landgerichts Verden ein (vgl. BL 70 Bd. II d.A.). Mit Verfügung vom selben Tage ordnete der Vorsitzende Richter am Landgericht Stünker die Zustellung des Urteils an die Staats-anwaltschaft Verden an (vgl. BI. 76 Bd. II d.A.), bei der es mit den Akten am 18. August 2011 einging (ebda.). Zugleich wurde eine Urteilsausfertigung formlos und jeweils mit dem Zusatz, dass die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Revision eingelegt habe, an den Angeklagten und den Verteidiger übersandt (ebda.). Mit Schriftsatz vom 19. August 2011 (vgl. Bl. 86 Bd. II d.A.) zeigte der Verteidiger gegen-über dem Landgericht Verden an, dass er den Angeklagten auch in der Revisions-instanz verteidigen werde, und beantragte, die Revision der Staatsanwaltschaft als unbegründet zu verwerfen. Mit Beschluss des Landgerichts Verden vom 6. Oktober 2011 (vgl. BI. 90 Bd. II d.A.) wurden der Landeskasse die Kosten der zurückgenommenen Revision auferlegt. Die in diesem Beschluss zunächst unterbliebene Anordnung, dass die Landeskasse auch die diesbezüglichen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat, wurde auf Antrag des Angeklagten vom 25. Mai 2012 (vgl. Bl. 121 f. Bd. II d.A.) durch Beschluss der 12. kleinen Strafkammer des Landgerichts Verden vom 5. Juni 2012 gemäß § 33a S. 1 StPO nachgeholt (vgl. Bl. 126 f. Bd. II d.A.), wodurch sich der zugleich gestellte weitere Antrag des Angeklagten vom 25. Mai 2012 (vgl. BI. 122 Bd. II d.A.) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erledigt hat.

Bereits mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14. Oktober 2011 (vgl. BI. 95 f. Bd. II d.A.) hatte der Angeklagte beantragt, gegen die Landeskasse an ihn für die Revisionsinstanz zu erstattende notwendige Auslagen in Höhe von insgesamt 321,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz festzusetzen. Diesem Antrag ist der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Verden mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2011 (vgl. BI. 100 Bd. II d.A.) vollumfänglich entgegengetreten. Zur Be-gründung führte er sinngemäß aus, dass zum Einen keine Kostengrundentscheidung vorliege, auf die der Auslagenerstattungsanspruch des Angeklagten gestützt werden könne, und dass zum Anderen die Auslagen eines Angeklagten in einem Revisions-verfahren, das allein von der Staatsanwaltschaft betrieben werde, bis zum Vorliegen der schriftlichen Begründung des Rechtsmittels keine erstattungsfähigen "notwendigen" Auslagen seien. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Schriftsatz des Bezirksrevisors vom 31. Oktober 2011 sowie dessen weitere Stellungnahmen vom 24. Januar 2011 (vgl. Bl. 108 Bd. II d.A.) und 21. März 2012 (vgl. BL 117 Bd. II d.A.) Bezug genommen. Mit dem von dem Bezirksrevisor angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. März 2012 hat das Amtsgericht Nienburg (Weser) - Rechtspflegerin - die dem Angeklagten aus der Landeskasse für die Revisionsinstanz zu erstattenden notwendigen Auslagen antragsgemäß auf 321,30 EUR nebst Zinsen festgesetzt (vgl. BI. 112 f. Bd. II d.A.). Wegen der Begründung wird wiederum auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors, wobei der Bezirksrevisor zur Begr...

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