Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den … Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 29. September 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Ziffer 1 dieses Beschlusses wie folgt lautet:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Duldung der Ausübung der Gewerbsunzucht durch dritte Personen in der im Untergeschoss des Gebäudes E. in Tübingen gelegenen, mit der laufenden Nummer 1 bezeichneten und im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Eigentumswohnung zu unterlassen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller trägt die Antragsgegnerin.

3. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen festgesetzt auf 20.000,00 DM.

 

Tatbestand

I.

1.

Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentumsanlage in Tübingen, E.. Die Antragsgegnerin vermietete ihre Wohnung im Untergeschoss mit Mietvertrag vom 01. Januar 1999 an Frau E.H. die die Wohnung ihrerseits mit Mietvertrag vom 01. März/08. März 1999 an Herrn J. S. untervermietete. In § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 5 dieses Untermietvertrages wird für diese Wohnung die gewerbliche Nutzung jeglicher Art gestattet.

In der Wohnung logieren zwei Damen, die dort der Wohnungsprostitution nachgehen. Sie werben hierfür in der örtlichen Presse mit entsprechenden Anzeigen unter ihren Vornamen „Kathrin” und „Biggi” unter Angabe der Telefonnummer. Eine Adressangabe findet sich in den Anzeigen nicht. Die Teilungserklärung enthält unter § 6 folgende Gebrauchtregelung:

„Die Wohnungen und die dazugehörigen Nebenräume dürfen nur zu Wohnzwecken benutzt werden. Die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes in der Wohnung bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verwalters. Die Zustimmung kann nur verweigert werden, wenn mit der Ausübung des Berufs oder Gewerbes erfahrungsgemäss eine über die Bestimmungen oben § 5 hinausgehende Belästigung der übrigen Wohnungseigentümer oder eine erhöhte Abnutzung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile verbunden ist”.

Eine Zustimmung des Verwalters liegt nicht vor. Vielmehr wurde bei der Wohnungseigentümerversammlung vom 17. März 1999 beschlossen, daß der Antragsgegnerin eine Frist zum Ausspruch der fristlosen Kündigung gesetzt werden solle, nach deren Ablauf rechtliche Schritte eingeleitet werden sollen. Eine solche Frist wurde durch die Verwalterin mit Schreiben vom 14. April 1999 bis zum 30. April 1999 gesetzt. Die Antragsgegnerin reagierte hierauf zunächst nicht. Sie legte dann erstinstanzlich ein Schreiben vom 10. Juli 1999 vor, in dem sie mitteilte, sie suche eine gütliche Einigung bezüglich der Beendigung des Mietverhältnisses mit ihrer Mieterin. Später legte sie eine vom 14. September 1999 datierende Vereinbarung mit ihrer Mieterin vor, nach der diese bereit ist, das Mietverhältnis zum 31. Dezember 1999 im gegenseitigen Einvernehmen aufzuheben, für den Fall, daß ihr ein gleichwertiges Mietobjekt in Tübingen zur gewerblichen Nutzung jeglicher Art zur Verfügung gestellt wird.

2.

Nachdem die Antragsgegnerin erstinstanzlich im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin antragsgemäss verurteilt, es zu unterlassen den Besitz und den Gebrauch der streitgegenständlichen Wohnung an dritte Personen zu überlassen, welche der Gewerbsunzucht nachgehen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht worden. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Überlassung der Eigentumswohnung in der reinen Wohnanlage verstoße gegen die guten Sitten und sei schon aus diesem Grunde unzulässig. Die Antragsgegnerin habe daher in angemessener Zeit dafür zu sorgen, daß in ihrer Wohnung nicht mehr der Prostitution nachgegangen werde.

3.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die Ausübung der Wohnungsprostitution sei in der Wohnungseigentumsanlage zulässig. Eine sittliche Belästigung der übrigen Mitbewohner finde nicht statt. Außerdem würden die Damen nicht mit ihrer vollen Adresse werben. Schließlich handle es sich bei der Wohnungsprostitution nicht um die Ausübung eines Gewerbes.

Sie beantragt daher,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag abzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Ferner haben sie den Antrag Ziffer 1 nunmehr wie folgt umformuliert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Duldung der Ausübung der Gewerbsunzucht durch dritte Personen in der im Untergeschoss des Gebäudes E. in Tübingen gelegenen, mit der laufenden Nr. 1 bezeichneten und im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Eigentumswohnung zu unterlassen.

Zur Begründung verweisen sie auf die fehlende Zustimmung des Verwalters zur Ausübung des Gewerbes durch die Damen. Ferner kommt es nach Ansicht der Antragsgegner auf die Angabe der Anschrift in den Annoncen gar nicht an, gausowenig wie auf eine sittliche Belästigung. Maßgeblich sei die tatsächliche Beeinträchtigung und Belästigung der ...

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