Verfahrensgang

AG Nürtingen (Urteil vom 21.10.2021; Aktenzeichen 18 C 2469/21 WEG)

 

Tenor

1. Die Berufungen der Kläger und der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürtingen vom 21.10.2021, Az. 18 C 2469/21 WEG, werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahren werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil sowie das Urteil des Amtsgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger und die Beklagte können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

1.

Die Kläger gehören der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft an. In der Eigentümerversammlung vom 13.07.2021 beschlossen die Eigentümer unter TOP 15 die Erneuerung der defekten Wohnungseingangstür der Kläger mit folgendem Wortlaut:

„Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, den Verwalter zu ermächtigen, namens und im Auftrag der Wohnungseigentümer die ausgewählte Wohnungstüre von Fam. … zu beauftragen. Die Kosten hierfür trägt Fam. ….”

Die Kläger haben mit ihrer am 13.08.2021 eingereichten Klage beantragt, den Beschluss für ungültig zu erklären, und darüber hinaus die Ersetzung des Beschlusses zu TOP durch den folgenden Beschluss beantragt:

„Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, den Verwalter zu ermächtigen, namens und im Auftrag der Wohnungseigentümer eine neue Wohnungseingangstür in der Ral Farbe 9010 weiß mit glatter Front, wie ausgewählt, zu beauftragen. Die Kosten dieser Wohnungseingangstüren sowie sämtlicher weiteren Eingangstüren sowie die Kosten zur Erhaltung, der zu einer Wohnungseingangstüre erforderlichen Maßnahmen einschließlich derjenigen für einen kompletten Austausch, tragen die Eigentümer jeweils selbst.”

Zur Begründung haben sie sich auf den Grundsatz der Maßstabskontinuität berufen. Sie sind der Meinung, dieser gebiete eine allgemein gefasste Regelung. Andernfalls sei zu befürchten, dass in Fällen anderer Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten tragen werde. Die Kläger könnten nicht auf die Anfechtung späterer Beschlüsse verwiesen werden.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Meinung, ihr Vorgehen sei von § 16 Abs. 2 S. 2 WEG gedeckt. Die Vorschrift erlaube ausdrücklich eine Einzelfallregelung.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens in erster Instanz einschließlich der Antragstellung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

2.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 21.10.2021 den angefochtenen Beschluss für ungültig erklärt und den Beschlussersetzungsantrag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Fassung eines Beschlusses, wonach die Kläger die Kosten ihrer Wohnungseingangstür zu tragen hätten, verstoße gegen den Grundsatz der Maßstabskontinuität, solange die Kostenverteilung bezüglich der Wohnungseingangstüren der übrigen Eigentümer offengelassen werde. Der Beschlussersetzungsantrag sei abzuweisen, weil es offen sei, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft mehrheitlich beschließen wolle, die Wohnungseigentümer jeweils mit den Kosten der Erneuerung ihrer eigenen Wohnungseingangstüren zu belasten oder es bei der Umlegung nach Miteigentumsanteilen belassen wolle.

3.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Die Kläger bringen vor, nachdem der Beschlusstext gelautet habe, den Verwalter zu ermächtigen, eine Ersetzung der Tür zu beauftragen, die Verwalterin … GmbH, … aber bereits seit 30.06.2021 nicht mehr Verwalterin sei, sei der angefochtene Beschluss schon wegen Unbestimmtheit nichtig.

Die Kläger vertreten weiter die Auffassung, es liege eine einseitige Kostenbelastung eines einzelnen Eigentümers ohne sachlichen Grund und ohne ausreichende Beschlusskompetenz vor. Es sei nur ein Einzelfall zum Nachteil der Klägerin statuiert worden. Damit werde das Gebot der Maßstabskontinuität verletzt. Es sei zu befürchten, dass es in der Praxis zu einer ständigen Änderung zum Nachteil einzelner Eigentümer kommen werde. Die Beklagte habe zu erkennen gegeben, dass sie keinen kontinuierlichen Maßstab pflegen wolle, sondern sich im Einzelfall einen Richtungswechsel offen lassen wolle.

Die Kläger beantragen:

  1. Das Urteil des Amtsgerichtes … vom 21.10.2021 (Az. 18 C … WEG, wird hinsichtlich Nr. 2 des Rubrums dahin abgeändert, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung TOP 15 vom 13.07.2021 Eigentümergemeinschaft wie folgt ersetzt wird:

    Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, den Verwalter zu ermächtigen, namens und im Auftrag der Wohnungseigentümer eine neue Wohnungseingangstüre in der RAL-Farbe 9010 weiß mit glatter Front, wie ausgewählt zu beauftragen. Die Kosten dieser Wohnungseingangstüre sowie sämtlicher weiterer Eingangstüren sowie die Kosten zur Erhaltung der zu einer Wohnungseingangstüre erforderlichen Maßnahmen, ...

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