Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadenersatz bei Verkehrsunfall: Schmerzensgeld und immaterieller Vorbehalt bei lebensgefährlichen Körperverletzungen eines 16jährigen Beifahrers bei einem Unfall durch erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung in Tempo-30-Zone. Bindung des Gerichts an einen Schmerzensgeldantrag

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 12.000,00 EUR Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 18.9.2003 abzüglich am 07.10.2003 bezahlter 1907,11EUR zu bezahlen.

  • 2.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen weiteren Schaden, der ihm in Zukunft aus dem Verkehrsunfall vom 29.10.2000 in der Bernsteinstraße. in Stuttgart-Heumaden über die von der Beklagten Ziff. 1 anerkannte Haftungsquote von 2/3 hinaus entstehen wird, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergehen.

  • 3.

    Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

  • 4.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der am ...1984 geborene Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 29.10.2000 in Stuttgart-Heumaden ereignete, geltend. Der damals sechzehn Jahre alte Kläger wurde damals als Mitfahrer im Fond eines vom Beklagten Ziff. 2 gelenkten Fiat UNO, der bei der Beklagten Ziff. 1 haftpflichtversichert war, schwer verletzt.

Der zum Unfallzeitpunkt knapp 20-jährige Beklagte Ziff. 2 brach gegen 21:00 zusammen mit insgesamt vier ca. vier Jahre jüngeren Freunden vom Fußballplatz Sillenbuch zu einer Spritztour durch Stuttgart-Heumaden auf. Er befuhr mit dem genannten Kleinwagen die Bernsteinstraße, eine Straße in einem Wohngebiet, wo die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt ist, mit einer Geschwindigkeit von ca. 75 bis 85 km/h und verlor im Bereich einer Fahrbahnverengung die Kontrolle über das Fahrzeug. Der PKW des Beklagten Ziff. 2 drehte sich um ca. 90 Grad nach links und prallte mit der rechten Fahrzeugseite auf das Heck eines am rechten Fahrbahnrand geparkten PKW. Nach dieser Kollision drehte sich der PKW in die ursprüngliche Fahrtrichtung und stieß auf der linken Straßenseite sodann auf dort ordnungsgemäß abgestellte weitere drei PKW.

Durch den starken Aufprall wurden die Insassen im PKW eingeklemmt. Er musste von der Feuerwehr aufgeschnitten werden. Sämtliche Mitfahrer erlitten bei dem Unfall schwere Verletzungen.

Der Kläger hat an den Unfall und an die Ereignisse kurz vor dem Unfall keine Erinnerung mehr. Er war mit dem Beklagten Ziff. 2. nie zuvor gefahren und besaß selbst keinen Führerschein.

Die den Kläger behandelnden Ärzte des Paracelsus-Krankenhauses rechneten zunächst mit dem Ableben des Klägers.

Der Kläger überlebte, obwohl er Polytraumata erlitt, mit einem Hämatopneumothorax rechts, einer Lungenkontusion rechts, einer Rippenserienfraktur rechts, dislozierten vorderen Beckenringfrakturen beidseitig, einer nicht dislozierten Fraktur der linken Beckenschaufel, eine Tibiaschaft-Querfraktur rechts sowie Claviculafrakturen beidseitig.

Die Intensivtherapie dauerte vom 29.10.2000 bis 14.11.2000, die weitere stationäre Behandlung im Paracelsus-Krankenhaus bis 7.12.2000. Ihm wurde eine Drainage vom 29.10. bis 4.11.2000 angelegt, eine Plattenosteosynthese des vorderen Beckens vorgenommen, eine Osteosynthese mittels aufgebohrtem Tibiaschaftnagel und distaler Verriegelung der Tibiaschaftquerfraktur rechts sowie eine konservative Behandlung der Claviculafrakturen durch das Anlegen eines Rucksackverbandes.

Die behandelnden Ärzte Prof. Dr. W und Dr. S schlossen nach der Behandlung im Paracelsus-Krankenhaus bleibende gesundheitliche Beeinträchtigungen vor allem hinsichtlich der Beckenfraktur nicht aus. Sie befürchteten belastungsabhängige Beschwerden und ein erhöhtes Arthroserisiko.

Im Anschluss an die stationäre Behandlung erfolgte eine Rehabilitationsmaßnahme im Fachkrankenhaus Neckargmünd vom 04.01.2001 bis 19.01.2001. Über einen Zeitraum von weiteren zwei Monaten wurde im Anschluss hieran eine krankengymnastische Therapie durchgeführt.

Noch im Juli 2002 war der Kläger wegen andauernder Beschwerden in orthopädischer Behandlung.

Im Auftrag der Beklagten erstattete Prof. Dr. P vom Olgahospital Stuttgart am 19.12.2002 ein Gutachten.

Er stellte eine reizlose Narbe am rechten Unterschenkel, eine reizlose Narbe am Thorax, eine Verkürzung des Schultergürtels rechts gegenüber links bei Zustand nach Claviculafraktur und radiologische Veränderungen am Becken mit Beckenasymmetrie und knöchern konsolidierter vorderer Beckenringfraktur mit eingehenden Plattenosteosynthesen und einen einliegenden unaufgebohrten Marknagel rechts bei knöchern konsolidierter Unterschenkelfraktur rechts fest.

Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich an beiden Hüftgelenken keine Funktionseinschränkungen nachweisen lassen. Auch seien das Kniegelenk und das Sprunggelenk frei beweglich. Ein...

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