Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummietverhältnis: Mangelkenntnis bei Vertragsabschluß

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Kennt der Mieter bei Vertragsabschluß die Mängel der von ihm schon zuvor mitbewohnten Wohnung, so ist die Mietminderung auch dann ausgeschlossen, wenn Gebäude und Wohnung völlig heruntergewirtschaftet sind.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Räumung und Zahlung von Mietzins in Anspruch.

Der Kläger und sein Bruder B. sind Eigentümer des in Jerichow gelegenen Grundstückes, das mit einem Mehrfamilienhaus sowie verschiedenen Nebengebäuden bebaut ist. Mit schriftlichem Vertrag v. 1.7.1992 vermietete der Kläger ohne Kenntnis seines Bruders die streitgegenständliche, etwa 100 qm große Wohnung sowie eine Garage an die Beklagte für einen monatlichen Mietzins in Höhe von insgesamt 118,70 DM. Bei dem Haus handelt es sich unstreitig um ein heruntergekommenes Anwesen. Das Dach ist undicht und aufgrund der defekten Dachrinnen dringt Feuchtigkeit in die Wohnung ein. Die eindringende Feuchtigkeit verursacht wiederum feuchte Wände, so daß der Putz von der Decke fällt und die Tapeten durch die Feuchtigkeit langsam herunterfallen. Die Fenster sind undicht und lassen sich teilweise nicht öffnen. Die elektrische Anlage der Wohnung ist im Jahr 1926 installiert worden und nunmehr instandsetzungsbedürftig. Bedingt durch die Feuchtigkeit und die defekte elektrische Anlage verschmoren Leitungen. Der Ofen in der Wohnung ist gleichfalls defekt. Die Treppenstufen am Haus sind defekt und das Treppengeländer wackelt. Die gemeinsam zu benutzende Toilette im Haus befindet sich in einem dauerhaft verschmutzten Zustand. Die Wohnungstür ist ebenso wie die Garage nach einer Beschädigung nicht mehr verschließbar; der Briefkasten der Beklagten ist gleichfalls nicht verschließbar. Seit November 1992 erbrachte die Beklagte keine Mietzahlungen mehr. Daraufhin kündigte der Kläger mit Schreiben v. 15.2.1993 fristlos. Wegen der fehlenden Miete für die Monate März und April 1993 kündigte er unter dem 4.4.1993 erneut und erhob schließlich im Mai 1993 Räumungsklage sowie Zahlungsklage für den bis einschließlich Mai 1993 aufgelaufenen Mietzins.

Der Kläger hat geltend gemacht, daß sich die Beklagte auf Minderungsansprüche nicht berufen könne, weil ihr bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Zustand des teilweise baufälligen Hauses bekannt gewesen sei. Aus diesem Grunde sei in dem Mietvertrag auch eine Zusatzvereinbarung geschlossen worden, die es der Beklagten gestatte, die Wohnung auf eigene Kosten auszubauen. Der Zustand der Wohnung habe sich seit dem Abschluß des Mietvertrages nicht verändert.

Die Beklagte hat vorgetragen, daß ihr die wesentlichen Mängel erst mit dem Einsetzen der Regenperiode im Oktober 1992 bekannt gewesen seien. Diese seien dann in einem solchen Umfang aufgetreten, daß sie die Tauglichkeit des Mietobjektes nicht nur unerheblich beeinträchtigt hätten. Die Mängel habe sie dem Kläger auch wiederholt mündlich und schriftlich angezeigt. Auf Grund der - unstreitigen - Mängel hat die Beklagte die Ansicht vertreten, zu einer Minderung des Mietzinses in Höhe eines Betrages von 68,70 DM, der einer Minderungsquote von etwa 57,9% entspricht, berechtigt zu sein. Da sie dem Kläger den Differenzbetrag von 50,00 DM vergeblich angeboten habe, sei die fristlose Kündigung wegen angeblichen Zahlungsverzuges treuwidrig. Jedenfalls sei die Beklagte nicht in Verzug geraten, da sie sich für berechtigt gehalten habe, das Minderungsrecht auszuüben.

Der Kläger macht geltend, daß der Beklagten aufgrund der - unstreitigen - Privatbeziehungen zu dem Bruder des Klägers der Zustand der Mietsache bei Vertragsschluß bekannt gewesen sei. Im übrigen seien bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Wohnung Wasserflecken vorhanden gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte über den in dem angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag in Höhe von 535,71 DM hinaus gemäß § 535 Satz 2 BGB bzw. nach Beendigung des Mietverhältnisses eine Nutzungsentschädigung gemäß § 557 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BGB weitere 1.244,79 DM zu.

Zwischen den Parteien ist trotz der fehlenden Zustimmung des Bruders des Klägers als Miteigentümer des Grundstücks ein Mietvertrag wirksam zustandegekommen. Denn auch dann, wenn ein Miteigentümer ohne die Ermächtigung oder Genehmigung der übrigen Miteigentümer ein Grundstück vermietet, ist der von ihnen geschlossene Vertrag nach dem Grundsatz der Relativität schuldrechtlicher Beziehungen wirksam (OLG Karlsruhe NJW 1981, 1278 (= WM 1981, 179)).

Mit Zugang des Schreibens v. 15.2.1993 hat der Kläger das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung wirksam gekündigt (§ 554 Abs. 1 Ziff. 1 BGB). Denn die Beklagte war mit der Entrichtung des Mietzinses für mindestens zwei aufeinanderfolgende Termine in Verzug. Ein Verzug der Beklagten gemäß den §§ 284, 285 BGB ist hier nicht ausgeschlossen, da ihr ein Minderungsrecht wegen der Mängel an der Miet...

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