Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Annahme eines berechtigten Interesses nach BGB § 564b Abs 2 Nr 2 und BGB § 564b Abs 2 Nr 3
Leitsatz (amtlich)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Vorteile aus der Nutzung der gekündigten Wohnung stellen nicht allein einen Bedarfsgrund an der Wohnung dar.
2. Das Bestehen mit der Vermietung selbst verbundener wirtschaftlicher Nachteile ist keine Verhinderung der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks.
3. Risiken aus dem Erwerb eines Hausgrundstücks kann der Vermieter nicht einfach auf den Mieter durch Kündigung abwälzen.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Ob § 564b BGB sozialpolitisch gerechtfertigt ist und ob hierdurch der Mieterschutz unangemessen überbewertet wird, hat die Kammer nicht zu entscheiden. Entscheidungserheblich ist allein, ob die Voraussetzungen für eine Kündigung gemäß § 564b BGB vorliegen. Das ist hier nicht der Fall.
Gründe für die Eigenbedarfskündigung der Kläger sind nicht hinreichend dargetan. Der bloße, wenn auch verständliche Wunsch, im eigenen Haus zu wohnen, begründet nach der ganz herrschenden Ansicht in Schrifttum und Rechtsprechung noch nicht den Eigenbedarf i.S.d. § 564b Abs. 2 Ziff. 2 BGB. Es muß vielmehr ein Bedarf der Kläger an der Nutzung gerade des von ihnen gekauften Hauses bestehen. Ein solcher Bedarf besteht etwa dann, wenn die bisherige Mietwohnung zu klein oder unangemessen teuer ist, oder wenn die bisherige Mietwohnung zum Arbeitsplatz zu ungünstig gelegen ist oder wenn die Kläger weitere Familienangehörige aufnehmen wollen oder müssen. Dies alles ist hier nicht der Fall, weil beide Wohnhäuser nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag im wesentlichen sich in bezug auf Raumausstattung und auf die Anzahl der Räume in etwa entsprechen. Die angeblich geringere Lärmbelästigung oder der größere Garten begründet keinen Eigenbedarf der Kläger, der eine Kündigung gemäß § 564b BGB rechtfertigt. Diese Umstände sind zwar vorteilhaft, begründen aber keinen Bedarf der Kläger an der Nutzung gerade dieses von ihnen erworbenen Hauses, dessen Räumlichkeiten dem jetzt bewohnten Haus in etwa entsprechen.
Gründe für eine Kündigung gemäß § 564b Abs. 2 Satz 3 BGB sind ebenfalls nicht gegeben. Zwar mögen die Kläger aus steuerrechtlichen oder sonstigen Gründen bei Fortdauer des Mietverhältnisses wirtschaftliche Nachteile haben, die bei Eigennutzung nicht oder nur in einem geringeren Umfang eingetreten wären. Das Bestehen solcher wirtschaftlicher Nachteile ist aber keine Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks. Denn eine solche Verhinderung ist nur dann zu bejahen, wenn durch die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks an die Mieter keine angemessenen Einkünfte erzielt werden, oder wenn durch die Gebrauchsüberlassung im wesentlichen nur Kosten verursacht würden oder wenn eine notwendige Sanierung oder ein Verkauf zu angemessenem Kaufpreis infolge der Vermietung nicht möglich wäre. Aber auch diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß der von den Beklagten gezahlte Mietzins unangemessen niedrig liegt.
Die aufgeführten Kündigungsgründe sind, wie dem Gesetz zu entnehmen ist, allerdings nur beispielhaft. Die Kündigung ist gemäß § 564b BGB also auch dann gerechtfertigt, wenn gleichwertige Belange des Vermieters vorhanden sind, die ein Räumungsverlangen als berechtigt erscheinen lassen. Solche Belange bestehen indes nicht. Insbesondere rechtfertigen die von dem Kläger behaupteten wirtschaftlichen Nachteile keine Kündigung. Der Käufer, der ein vermietetes Haus käuflich erwirbt, geht regelmäßig ein Risiko dahingehend ein, daß er das Haus nicht in Eigennutzung nehmen kann. Dieses Risiko kann nicht einfach auf den Mieter dadurch überwälzt werden, daß der Erwerber schon deshalb kündigen kann, weil er bei Eigennutzung wirtschaftliche Vorteile hat.
Fundstellen