Entscheidungsstichwort (Thema)

außergerichtliches Tätigwerden eines Rechtsanwaltes für einen Mandanten, dem Beratungshilfe bewilligt worden ist. Verrechnung mit Rechtsanwaltsvergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Rechtsanwalt außergerichtlich für einen Mandaten tätig, dem Beratungshilfe bewilligt worden ist, werden Zahlungen des Anspruchsgegners auf die Anwaltsvergütung erst dann gemäß § 58 Abs. 1 RVG auf die aus der Landeskasse zu zahlende Rechtsanwaltsvergütung angerechnet, wenn der dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit gesetzlich zustehende Vergütungsanspruch voll befriedigt ist.

 

Normenkette

BGB § 412; RVG § 33 Abs. 3 S. 1, §§ 44, 46, 56 Abs. 2, § 58 Abs. 1, § 59; VV RVG Nrn. 7008, 7002; Beratungshilfegesetz § 9

 

Verfahrensgang

AG Neunkirchen (Beschluss vom 04.03.2009; Aktenzeichen 2 TUR II 755/08)

 

Nachgehend

Saarländisches OLG (Beschluss vom 24.07.2009; Aktenzeichen 5 W 148/09-K22)

 

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Neunkirchen vom 04.03.2009 (Az.: 2 TUR II 755/08) werden die an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen festgesetzt auf 255,85 Euro.

 

Tatbestand

A.

Das Amtsgericht Neunkirchen hat der Antragstellerin am 09.06.2008 Beratungshilfe bewilligt für die Geltendmachung von Schmerzensgeld.

Die Antragstellerin hat dann ihre Verfahrensbevollmächtigten beauftragt, ihren Schmerzensgeld- und Unterlassungsanspruch außergerichtlich geltend zu machen. Daraufhin haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin durch Schreiben vom 10.06.2008 den Gegner zur Unterlassung und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten, berechnet aus einem Gegenstandswert von 4.500,– Euro, in Höhe von 446,13 Euro aufgefordert.

Der außergerichtlich geführte Streit wurde durch einen Vergleich beendet, in dem sich der Gegner zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 446,13 Euro verpflichtet hat. Diesen Betrag hat der Gegner an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gezahlt, eine weitere Kostenübernahme hat er abgelehnt.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin haben beim Amtsgericht Neunkirchen unter Bezugnahme auf die am 09.06.2008 für die Antragstellerin bewilligte Beratungshilfe die Auszahlung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 255,85 Euro aus der Staatskasse beantragt.

Der Vertreter der Landeskasse hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Zahlung des Anspruchsgegners der Antragstellerin in Höhe von 446,13 Euro sei auf die aus der Landeskasse zu zahlende Rechtsanwaltsvergütung anzurechnen. Dadurch sei der Anspruch der Rechtsanwälte gegen die Staatskasse erloschen.

Das Amtsgericht – Rechtspflegerin – hat durch Beschluss vom 20.01.2009 den Antrag auf Festsetzung der Vergütung vom 30.06.2008 zurückgewiesen.

Die dagegen von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im eigenen Namen eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht – Richter – durch den angefochtenen Beschluss vom 04.03.2009 zurückgewiesen.

Dagegen haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

B.

I.

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres Vergütungsfestsetzungsantrages ist gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 1 RVG zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den Betrag von 200,– Euro.

II.

Die Beschwerde ist auch begründet und führt unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zur antragsgemäßen Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung im Rahmen der Beratungshilfe.

1. Der Antragstellerin steht auf Grund der Bewilligung des Amtsgerichts Neunkirchen vom 09.06.2008 Beratungshilfe zu.

Die von der Antragstellerin beauftragten Rechtsanwälte erhalten gemäß § 44 RVG für ihre Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz aus der Landeskasse. Ihnen steht nach Nr. 2503 VV RVG eine Geschäftsgebühr in Höhe von 70,– Euro und nach Nr. 2508 VV RVG eine Einigungsgebühr in Höhe von 125,– Euro zuzüglich der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,– Euro (vgl. § 46 RVG i.V.m. Nr. 7002 VV RVG) sowie der gesetzlichen Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (vgl. § 46 RVG i.V.m. Nr. 7008 VV RVG), also insgesamt der zur Festsetzung beantragte Betrag von 255,85 Euro zu.

2. Entgegen der in dem angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts und auch von dem Vertreter der Landeskasse vertretenen Auffassung ist die an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gewährte Zahlung des Anspruchsgegners der Antragstellerin in Höhe von 446,13 Euro nicht auf die den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung anzurechnen.

3. § 58 Abs. 1 RVG, auf den sich das Amtsgericht und der Bezirksrevisor stützen, ist unter Berücksichtung der Gesetzessystematik dahingehend restriktiv auszulegen, dass nur die Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des...

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