Verfahrensgang

AG Ravensburg (Aktenzeichen 11 Cs 908/96)

 

Gründe

I. Die Staatsanwaltschaft Ravensburg beantragte am 19.09.1996 gegen die Angeklagte den Erlaß eines Strafbefehls wegen tateinheitlicher Vergehen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und den unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln. Das Amtsgericht Ravensburg lehnte mit Beschluß vom 30. Oktober 1996 (11 Cs 908/96) den Erlaß dieses Strafbefehles ab. Auf die von der Staatsanwaltschaft hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hob das Landgericht Ravensburg mit Beschluß vom 15. November 1996 den amtsgerichtlichen Beschluß vom 30. Oktober 1996 auf und gab das Verfahren an das Amtsgericht zurück. In der Hauptverhandlung des Amtsgerichts Ravensburg vom 14.05.1997 sprach das Amtsgericht die Angeklagte vom ihr gemachten Vorwurf frei und ordnete eine Entschädigung des durch die Beschlagnahme von 99 Hanftopfpflanzen der Angeklagten entstandenen Vermögensschadens an.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 14.05.1997 legte die Staatsanwaltschaft Ravensburg form- und fristgerecht zum Nachteil der Angeklagten Berufung ein. Sie wollte deren Verurteilung erreichen.

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

II. Zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten erbrachte die Berufungshauptverhandlung die folgenden Feststellungen:

Die 32 Jahre alte, ledige Angeklagte besuchte die Grundschule und anschließend das Gymnasium; im Alter von 19 Jahren legte sie erfolgreich die Abitursprüfung ab. Das von ihr sodann angestrebte Biologiestudium konnte sie wegen ihres Notendurchschnittes im Abiturszeugnis nicht sofort antreten, weshalb sie zunächst in Haushalten in der Schweiz wie auch bei ihrem Vater im Zahntechniklabor im Raum Ulm arbeitete. Sie bekam dann einen Studienplatz in dem von ihr angestrebten Studienfach der Biologie, brach das Studium jedoch im vierten Semester aus persönlichen Gründen ab. Sie machte sich zusammen mit ihrem Freund in Ulm mit einem Sportgeschäft für Skater selbständig. Da sie sich stark für Hanf und dessen Verarbeitungsprodukte interessierte, eröffnete sie 1993 in Ulm ein Geschäft mit Hanfprodukten. 1995 verzog sie mit diesem Geschäft nach Ravensburg. Ihr Freund betreibt das Sportgeschäft in Ulm weiter.

Die Angeklagte übersieht nach ihren Angaben ihre wirtschaftliche, geschäftliche Situation nicht. Ihren monatlichen Umsatz beziffert sie auf ca. DM 6.000,00, andererseits legt sie den täglichen Umsatz mit DM 500,00 fest. Geringe erwirtschaftete Gewinne werden wieder in dem Geschäft investiert. Die Angeklagte lebt nach ihren Angaben von Zuwendungen von Familienmitgliedern oder Bekannten.

Für die Geschäftsgründung des Hanfladens hat die Angeklagte bei einer Bank einen Kredit in Höhe von ca. DM 40.000,00 aufgenommen, auf den sie monatlich ca. DM 500,00 zurückbezahlt. Zusätzlich ließ sie sich von ihrer Mutter ein Darlehen von ca. DM 25.000,00 geben, auf das sie momentan keine Rückzahlung leistet. Die Ladenmiete in Ravensburg liegt bei monatlich DM 1.600,00. Die Miete kann sie teilweise nur verzögert aufbringen. Die Angeklagte fährt einen Pkw Citroen Kombi CX älteren Baujahres.

Unterhaltspflichten hat die Angeklagte nicht.

Die Angeklagte ist nicht vorbestraft.

III. Zum Tatvorwurf erbrachte die Berufungshauptverhandlung folgenden Sachverhalt:

Die Angeklagte meldete zum 01.06.1995 im Handelsregister ihr Geschäft mit Hanfprodukten an, nachdem sie mit diesem aus Ulm nach Ravensburg übergesiedelt war. Als angemeldete Tätigkeit wurde in die Gewerbedatei aufgenommen: Groß- und Einzelhandel mit Textilien, Naturwaren, Papierwaren, Bücher, Schuhe, Einrichtungsgegenstände, Sportartikel, Lebensmittel, Pflanzen, Stehimbißecke. Sie nahm in der Folge den Geschäftsbetrieb in der U.-Straße in Ravensburg auf und verkaufte ihre Waren auch auf dem Wochenmarkt in Ravensburg. Ihr Sortiment umfaßte überwiegend Hanfprodukte.

An einem nicht mehr genauer klärbarem Tag Anfang Juni 1996 bestellte die Angeklagte bei der Firma D., Natural Products, in R. 104 Pflanztöpfe mit jeweils 5 bis 6 Pflanzen Faserhanf, wobei 12 Pflanztöpfe noch im Juni 1996 an sie zur Auslieferung kamen und mit Datum vom 19.06.1996 in Rechnung gestellt wurden, während die restlichen Pflanzen der Angeklagten dann im Juli 1996 zugingen. Für die erstangelieferten Pflanzen hatte die Angeklagte einen Topfpreis von DM 14,00 (ohne Mehrwertsteuer) zu bezahlen, für die zweite Lieferung einen Topfpreis von DM 7,00. Die Hanfpflanzen waren solche der Sorte Futura, deren THC-Gehalt 0,3 % nicht überstieg.

Die Angeklagte wollte diese Pflanzen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit an beliebige Kunden weiterveräußern, wobei sie den Preis pro Topf in ihrem Ladengeschäft auf DM 35,00, für den Marktverkauf auf DM 30,00 festsetzte. Bis zum 19.07.1996 veräußerte sie 5 Pflanztöpfe einzeln an nicht mehr feststellbare Personen.

Die Angeklagte ging davon aus, bei den Hanfpflanzen handle es sich um unbedenkliche Handelsware, die sie erwerben, bis zum Verkauf hegen und dann weiterveräußern könne. Bei Anwendung der i...

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