Cannabis: Eine Bedrohung für die Sicherheit am Arbeitsplatz?

Die neue Bundesregierung plant die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften. Über die Vor- und Nachteile des Cannabiskonsums sind sich Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft noch nicht einig. Welche Probleme für das Arbeitsleben und den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz lassen sich durch die Legalisierung der Droge erwarten?

Als erstes Land der Welt legalisierte Uruguay 2013 sowohl den Konsum als auch den Handel mit Cannabis bzw. den Cannabisprodukten Marihuana und Haschisch. In Europa folgten bereits einige Länder diesem Beispiel, wobei dort aber Anbau, Handel und Konsum bislang nur zu medizinischen Zwecken oder in nur sehr geringen Mengen zum privaten Eigenbedarf erlaubt sind.

Haschisch als Wirtschaftsmotor

Die in Deutschland geschätzten rund vier Millionen Konsumenten von Cannabis mussten sich bislang auf dem Schwarzmarkt versorgen. Die neue Ampel-Regierung verspricht sich durch die Legalisierung daher nicht nur das Verschwinden teilweise krimineller Anbau- und Vertriebsstrukturen, sondern durch die Einführung lizenzierter Unternehmen auch ein kleines Wirtschaftswunder, durch das nicht wenige neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Diese entstünden nicht nur im Cannabis-Markt selbst, also Anbau, Vertrieb und Verkauf in Geschäften, sondern auch indirekt durch den Ausbau der dafür benötigten Infrastruktur wie Treibhäusern, Lagern oder Vertriebs- und Verwaltungsgebäuden.

Gesundheitliche Vor- und Nachteile des Cannabis-Konsums

Ist Cannabis aber nun eine Droge mit vielen Nachteilen für die Gesundheit oder vielmehr ein Medizinprodukt, das sogar die Gesundheit des Konsumenten fördert? Wissenschaftliche Studien der vergangenen Jahre zeigten, dass wohl beides zutrifft.

Als negative Folgen des Cannabiskonsums wurden Gedächtnisschwäche, eine verminderte Koordinationsfähigkeit sowie die Entstehung von Psychosen und Paranoia identifiziert. Einige Studien konnten beweisen, dass Autofahrer unmittelbar nach dem Cannabiskonsum zwischen zwei- und siebenmal so häufig in Unfälle verwickelt sind. Allein diese Ergebnisse lassen auch Schlimmes für das Arbeitsleben befürchten, sollten die aus der Hanfpflanze gewonnenen Produkte durch die Legalisierung eine noch weitere Verbreitung als bislang finden.

Andererseits gibt es auch wissenschaftliche Studien, die zumindest Anhaltspunkte dafür liefern, dass durch den Konsum diverse Krankheiten gelindert, wenn nicht sogar bekämpft werden können. Hierzu zählen Schizophrenie, Krebs, HIV/Aids, chronische Muskelkrämpfe, Schlaganfälle und schwere Schmerzen aufgrund diverser Ursachen.

Studie: Cannabis-Konsum verbessert Arbeitsfähigkeit

Entscheidend für den gesundheitlichen Effekt ist die Häufigkeit und Menge des Cannabiskonsums. So sind die Auswirkungen des streng dosierten Konsums im Rahmen einer medizinischen Therapie sicher nicht mit dem in der Regel extensiveren Freizeitkonsum zu vergleichen. Allerdings könnte selbst der (allerdings regulierte!) Freizeit- bzw. Genusskonsum gesundheitliche Vorteile erbringen, wie eine US-Studie nahelegt.

Im Rahmen einer Forschungsarbeit für das National Bureau of Economic Research untersuchten Forscher 2021 die Auswirkungen des Freizeitkonsums von Cannabis auf die Arbeitsfähigkeit einer Probandengruppe von Arbeitnehmern im Alter von 40 bis 62 Jahren, indem sie die durch die Krankenversicherungen gezahlten Krankengelder vor und nach der Legalisierung von Cannabis miteinander verglichen.

Im Untersuchungszeitraum nahm der Cannabiskonsum bei den Probanden aufgrund der Legalisierung um 20 bis 40 Prozent zu. Die Forscher fanden dennoch heraus, dass die Inanspruchnahme von Krankengeld nach der Cannabislegalisierung bei den Probanden um durchschnittlich 20 Prozent abnahm, die Höhe der Krankengelder reduzierte sich in derselben Größenordnung. Der Anstieg des Konsums führte allerdings nicht zu einem gleichzeitigen Zuwachs an Cannabis-Suchterkrankungen, vielmehr kam es bei den Arbeitsnehmern sogar zu einem Rückgang des Konsums von starken Schmerzmitteln um über sieben Prozent. Die Wissenschaftler folgerten daraus, dass besonders starke Schmerzmittel mit hohem Suchtgefährdungsrisiko durch das harmlosere Cannabis ersetzt werden könnten.

Cannabis: Gerichtsurteil spiegelt Unsicherheiten wider

Die Meinungen über die Vor- und Nachteile von Cannabis sind noch sehr polarisiert, insbesondere auch in Hinsicht auf die Bewertung der Folgen für das Arbeits- und Fahrverhalten von Personen. Dies hat mit der noch recht unsicheren wissenschaftlichen Bewertung von Cannabis zu tun, was sich im folgenden Urteil des Sozialgerichts Osnabrück aus dem Jahr 2019 widerspiegelt.

Ein Arbeitnehmer, der nach Cannabisgenuss auf dem Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad verunfallte, klagte gegen die für ihn zuständige Berufsgenossenschaft. Die Berufsgenossenschaft sollte ihm den Unfall als Arbeitsunfall auslegen, was diese mit dem Hinweis auf einen THC-Wert von 10 ng/ml im Blut des Mannes direkt nach dem Unfall ablehnte. Vielmehr, so die Berufsgenossenschaft, handelte es sich um drogenbedingtes Fehlverhalten. Das Urteil des Gerichts: Für Cannabis gäbe es im Unterschied zu Alkohol immer noch keine allgemein akzeptierte Dosis-Wirkung-Beziehung, infolgedessen auch keinen Schwellenwert für eine absolute Fahruntüchtigkeit. Allein auf Basis der Blutuntersuchung könne man somit auch keine konkrete Beeinträchtigung der Wegefähigkeit beweisen.

Hanfanbau: Herausforderungen und Lösungen

Über die Folgen für die generelle Arbeitssicherheit nach einer Cannabis-Legalisierung kann man Stand heute also nur theoretisieren. Sehr viel konkreter dagegen lassen sich die Gefährdungen abschätzen, die nach einer Legalisierung auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz zukommen, wenn der Hanf in groß angelegten Gewächshäusern angebaut würde und dabei teilweise vollkommen neue Arbeitsplätze in der Pflanzenzucht entstehen. Zwei Herausforderungen sind hierbei vorrangig zu nennen:

  • Chemische Gefährdungen: Durch den Cannabisanbau entsteht Ozon durch eine chemische Reaktion von Stickoxiden mit flüchtigen organischen Verbindungen. Dies kann bei den Beschäftigten zu verminderter Lungenfunktion und in Folge zu heftigen Atembeschwerden führen. Ein weiteres Abfallprodukt ist das Kohlenmonoxid, das durch die in den Gewächshäusern verwendeten Generatoren entsteht. Bereits geringe Konzentrationen des Gases können schwerwiegende Vergiftungserscheinungen bewirken, die in manchen Fällen sogar tödliche Folgen haben können. Fast genauso gefährlich ist Kohlendioxid, das in den Gewächshäusern das Wachstum der Hanfpflanzen beschleunigen soll. In hohen Konzentrationen führt das Gas bei Menschen gewöhnlich zu starken Kopfschmerzen, Schwindel und gefährlichen Atembeschwerden.
  • Biologische Gefährdungen: Durch den Kontakt mit Pestiziden, Insektiziden, Fungiziden, Bakterien und Pilzen kann es zu weiteren Gesundheitsbedrohungen kommen. Insbesondere Schimmelpilze sind gesundheitsbedrohend, sie lösen unter anderem Atemnot, Nesselsucht und sonstige Hautreaktionen sowie allergischen Reaktionen am und im Auge aus.

Eine effektive Lüftung und Filterung der Luft ist daher das oberste Gebot für die Arbeit in den Treibhäusern. Gasüberwachungsgeräte übernehmen hierbei eine wichtige Rolle. Selbstverständlich müssen die Beschäftigten einschlägige PSA tragen, so zum Beispiel Hautschutzmittel, Schutzhandschuhe oder bei besonders großer Exposition Schutzhelme mit Visieren und Ausatemventilen.

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