Verfahrensgang

StA Offenburg (Entscheidung vom 21.02.2006; Aktenzeichen 5 Js 1959/06)

StA Offenburg (Entscheidung vom 24.01.2006; Aktenzeichen 5 Js 18163/05)

 

Tenor

Dem Angeklagten XXXX XXXX wird

Besitz und Betrieb eines Fernsehgerätes in seiner Zelle nach Maßgabe der in der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe - Außenstelle Rastatt - insoweit allgemein geltenden Bedingungen gestattet.

 

Gründe

I.

Dem Angeklagten XXXX XXXX werden durch Anklagen der Staatsanwaltschaft Offenburg vom 24.01.2006 - 5 Js 18163/05 - ein schwerer Raub und vom 21.02.2006 - 5 Js 1959/06 - eine gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Zu den möglichen Vorfallszeitpunkten war er Heranwachsender. Termin zur Hauptverhandlung ist auf den 05.05.2006 und Folgetage bestimmt.

Der Angeklagte befindet sich seit dem 15.12.2005 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe - Außenstelle Rastatt -.

Durch Schreiben des Angeklagten - ohne Datum -, das am 20.02.2006 beim Landgericht Offenburg eingegangen ist, hat dieser die Erteilung einer Erlaubnis für den Besitz und den Betrieb eines Fernsehgerätes in seiner Zelle beantragt. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass er sich insbesondere am Wochenende überwiegend in der Zelle aufhalte und daher Fernsehsendungen anschauen möchte.

Nachdem der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe - Außenstelle Rastatt - durch Schreiben vom 01.03.2006 ohne förmliche Entscheidung mitgeteilt worden war, dass seitens der Jugendkammer keine Einwendungen gegen die Aufstellung eines Fernsehgerätes bestünden, nahm diese sodann durch - nicht unterschriebenes - Schreiben vom 07.03.2006 Stellung. Die Justizvollzugsanstalt tritt dem Antrag des Angeklagten entgegen. Zur Begründung führt sie aus, dass angesichts des Inhaltes mancher Sendungen Fernsehkonsum der erzieherischen Gestaltung der Untersuchungshaft bei jungen Gefangenen widersprechen würde. Dies gelte insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass manche Fernsehsender gegen einschlägige Bestimmungen über den Zeitpunkt der Ausstrahlung verstoßen würden.

Die Staatsanwaltschaft Offenburg schloss sich durch Schreiben vom 13.03.2006 der Auffassung der Justizvollzugsanstalt an.

Der Verteidiger nahm durch Schriftsatz vom 16.03.2006 Stellung. Er vertritt die Ansicht, dass dem Antrag des Angeklagten stattzugeben sei.

II.

Dem Antrag des Angeklagten auf Erteilung einer Erlaubnis zur Aufstellung eines Fernsehgerätes in seiner Zelle ist - nach Maßgabe der insoweit allgemein in der Justizvollzugsanstalt geltenden Bestimmungen - stattzugeben (§ 119 Abs. 3 und Abs. 6 Satz 1, § 126 Abs. 2 Satz 3 StPO i.V.m. § 2 JGG).

1.

Da seitens der Justizvollzugsanstalt keine Sicherheitsbedenken geltend gemacht werden oder ansonsten ersichtlich sind, kommt es vorliegend allein auf die Frage an, ob Fernsehkonsum in der Zelle der erzieherischen Gestaltung der Untersuchungshaft zuwiderlaufen würde. Zu dieser Frage sind - soweit ersichtlich - bislang keine veröffentlichten Entscheidungen ergangen; auch die Kommentarliteratur zum Jugendgerichtsgesetz beschäftigt sich hiermit spezifisch nicht. Allerdings liegt der Jugendkammer eine Entscheidung des Vorsitzenden der Jugendkammer beim Landgericht Baden-Baden vor (Verfügung vom 28.03.2006 - 3 KLs 310 Js 4852/05). In jenem Verfahren hat der Vorsitzende den Antrag des wegen Mordes verurteilten jugendlichen Untersuchungsgefangenen, ihm den Besitz eines Fernsehgerätes zu genehmigen, abgelehnt.

2.

Sofern keine konkreten Sicherheitsbedenken ersichtlich sind, ist nach zwischenzeitlich allgemeiner Auffassung einem Untersuchungsgefangenen Einzelempfang durch ein eigenes Fernsehgerät grundsätzlich gestattet; eine Untersagung kann nur im Einzelfall in Betracht kommen (KK-Boujong StPO 5. A. § 119 Rdn. 54 m.w.N.).

Hinsichtlich der Ausgestaltung der Untersuchungshaft bei jugendlichen und heranwachsenden Untersuchungsgefangenen ist zunächst als allgemeiner Grundsatz zu berücksichtigen, dass der Vollzug der Untersuchungshaft erzieherisch gestaltet werden soll (§ 93 Abs. 2 i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 1 JGG; Nr. 80 UVollzO). Ungeachtet dieser Regelung dürfen auch in solchen Fällen Untersuchungsgefangenen jedoch nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert (§ 119 Abs. 3 StPO i.V.m. § 2 JGG). Bei der Abwägung dieser beiden in einem gewissen Spannungsverhältnis stehenden rechtlichen Vorgaben ist vorliegend in besonderem Maße zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte auf das Grundrecht der Informationsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen kann. Nach dieser Vorschrift hat jeder das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Als Konsequenz dieser Rechtslage sieht demzufolge die - für gerichtliche Entscheidungen allerdings nicht verbindliche - Untersuchungshaftvollzugsordnung vor, dass einem Untersuchungsgefangenen Einzelempfang durch ein eigenes Fernsehgerät, soweit der Richter nicht etwas anderes anordnet, gestattet ist; diese Vorschrift gilt auch für den Vollzug von Untersuchungshaft junger Gefangener (Nr. 40 Abs...

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