Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Änderung des Verteilungsmaßstabes für sonstige Betriebskosten im Wege der ergänzenden Auslegung der Teilungserklärung bzw. nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG.

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Urteil vom 25.03.2009; Aktenzeichen 30 C 40415/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.06.2010; Aktenzeichen V ZR 174/09)

 

Tenor

1. Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.03.2009 wird abgeändert und erhält folgende Fassung:

1.1.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.09.2008 zu TOP 17 wird für ungültig erklärt.

1.2.

Die Beklagten werden verurteilt, ihre Zustimmung zu erklären, dass der ausgebaute Spitzboden der Wohnung 6 vor Ort ausgemessen wird und die Gesamtwohnfläche aller Einheiten, ausgehend von den Wohnflächenberechnungen der übrigen Wohneinheiten nach der II. Wohnflächenberechnungsverordnung, wie sie vom Bauträger bei der Bauordnungsbehörde vorgelegt wurden, neu ermittelt wird.

1.3.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 4.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten – soweit nach teilweiser Berufungsrücknahme noch von Belang – um einen Anspruch auf Änderung des Verteilungsmaßstabes für sonstige Betriebskosten.

Ausgangspunkt ist, dass die Miteigentümer M. (ME der Wohnung Nr. 6) nachträglich durch das ausgebaute Dachgeschoss ca. 70 m² mehr Wohnfläche haben, als sie ursprünglich hatten.

Der Kläger (ME der Wohnung Nr. 5) begehrt daher Anpassung des Kostentragungsschlüssels von einer Verteilung nach Miteigentumsanteilen zu einer Verteilung nach Wohnflächen.

In der Eigentümerversammlung vom 25.09.2008 wurde unter Top 16 eine Änderung des Verteilungsschlüssels abgelehnt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Anfechtungs- und Verpflichtungsklage.

Das Amtsgericht hat Top 16 für ungültig erklärt und die Beklagten dazu verurteilt, ihre Zustimmung zu erklären, dass für sonstige Betriebskosten gemäß § 14.3.2.a der Gemeinschaftsordnung statt der bisher maßgeblichen Miteigentumsanteile nunmehr der Kostenverteilungsschlüssel nach dem Verhältnis der Wohnflächen gilt.

Als Grundlage für diesen Zustimmungsanspruch wurde die ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung gesehen.

Hinsichtlich der weiteren Feststellungen wird auf das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.03.2009 Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten Wohnungseigentümer M., S. und Sch. ihren ursprünglichen Klageabweisungsantrag zunächst weiter und beantragen:

  1. Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.03.2009 wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteivertreter sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2009 Bezug genommen.

Die Grundakten des Amtsgerichts Nürnberg Band 213 Bl. 7662 wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

In der mündlichen Verhandlung nahmen die Berufungskläger ihre Berufung zu TOP 17 und hinsichtlich des Punktes II.2. des Urteils des Amtsgerichts Nürnberg vom 25.03.2009 mit Zustimmung des Klägers zurück.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung hat, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, vollumfänglich Erfolg.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.09.2009 zu TOP 16 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Ein Anspruch des Klägers auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels besteht weder aufgrund ergänzender Auslegung der streitgegenständlichen Gemeinschaftsordnung (vgl. hierzu 1.) noch auf Grundlage des § 10 Abs. 2 S. 3 WEG (vgl. hierzu 2.).

1.

Grundsätzlich ist in den Fällen, in denen infolge einer nachträglichen baulichen Veränderung die Miteigentumsanteile zu unbilligen Ergebnissen bei der Kostenverteilung führen, zunächst zu prüfen, ob nicht eine ergänzende Auslegung der Teilungserklärung zur Anpassung führt. Jedoch konnte vorliegend die Gemeinschaftsordnung nicht dahingehend ergänzend ausgelegt werden, dass die Kostenverteilung bezüglich der sonstigen Betriebskosten gemäß § 14.3.2a der Gemeinschaftsordnung aufgrund der nunmehr geänderten Sach- und Rechtslage billigerweise nach dem Verhältnis der Wohnflächen vorzunehmen ist.

1.1.

Bei der Auslegung einer Grundbucheintragung ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eintragenden ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung und der dort zulässig in Bezug genommenen Unterlagen, insbesondere also der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. BGH ZMR 2004, 834-839).

1.2.

Auf dieser Grundlage ist vorliegend in der Gemeinschaftsordnung der Parteiwille, die Kosten im Prinzip allein nach d...

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