Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuch

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird insoweit aufgehoben, als darin die Eintragung einer Reallast abgelehnt wird.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, insoweit von seinen Bedenken Abstand zu nehmen.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 1) hat im notariellen Vertrag vom 04.08.1987 (UR-NR. … des Notars … in …) an die Beteiligte zu 2) mehrere Teilflächen aus ihrem Grundvermögen, welches im vorliegenden Grundbuch verzeichnet ist, verkauft. In § 8 des Kaufvertrages heißt es unter anderem:

Käufer verpflichtet sich, das Kaufgrundstück zum Bahngelände mit einer dauerhaften und verkehrsgerechten Einfriedigung zu versehen, die so zu errichten und dauernd so zu erhalten (zu unterhalten und zu erneuern) ist, daß ein Betreten des Bahnkörpers verhindert wird. …

In § 10 des Vertrages heißt es:

Käufer bewilligt und beantragt, im Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung in Abt. II des Grundbuches an bereitester Rangstelle zugunsten der Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen) eine Reallast einzutragen, wonach der jeweilige Grundstückseigentümer verpflichtet ist, die Einfriedigung zwischen dem Grundstück und dem angrenzenden Bahngelände dauernd auf seine Kosten zu erhalten (zu unterhalten und zu erneuern).

In der angefochtenen Zwischenverfügung vom 24.05.1988 hat das Amtsgericht den Standpunkt vertreten, die Eintragung der Reallast sei nicht möglich. Beständige zeitlich unbegrenzte Reallasten könnten in Nordrhein-Westfalen nur als Geldrenten eingetragen werden wegen Artikel 30 Preußisches Ausführungsgesetz zum BGB in Verbindung mit § 22 Abs. 2 des Gesetzes vom 28.11.1961, GVBl. 319. Insoweit sei lediglich eine schuldrechtliche Vereinbarung möglich.

Gegen diese Zwischenverfügung wenden sich die Beteiligten mit ihrer nach § 71 Grundbuchordnung zulässigen Beschwerde mit der Begründung, eine Reallast in der bestehenden Fassung sei bislang überall eingetragen worden, und zwar: auch schon beim Grundbuchamt ….

Die Beschwerde hat Erfolg. Die Kammer teilt die Rechtsauffassung des Amtsgerichts nicht. Zwar besagt Artikel 30 des Preußischen Ausführungsgesetzes zum BGB, daß mit Ausnahme fester Geldrenten beständige Abgaben und Leistungen binden Grundstücke als Reallasten nicht auferlegt werden können. Diese Vorschrift gilt auch nach § 22 des Gemeinheitsteilungsgesetzes vom 28.11.1961 für das gesamte Land Nordrhein-Westfalen und ist auch nach Artikel 115 EGBGB vom Grundbuchamt zu beachten; jedoch hat das Amtsgericht bei der hier zu entscheidenen Frage Artikel 116 EGBGB außer Acht gelassen. Danach finden die oben genannten landesgesetzlichen Vorschriften keine Anwendung unter anderem auf die in den §§ 1021, 1022 BGB bestimmten Unterhaltungspflichten.

Bei der in § 8 des notariellen Vertrages vom 04.08.1987 übernommenen Verpflichtung der Beteiligten zu 2), eine dauerhafte verkehrsgerechte Einfriedigung des Grundstücks zum Bahngelände hin dauernd zu erhalten, zu unterhalten und zu erneuern, handelt es sich um eine Unterhaltungspflicht im Sinne des § 1021 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift finden auf eine solche Unterhaltungspflicht die Vorschriften über die Reallasten entsprechende Anwendung. Eine solche Unterhaltungspflicht kann Inhalt einer Reallast sein, vgl. Haegele, Grundbuchrecht, 7. Auflage 1983, Seite 345, Randziffer 567, Soergel-Baur, BGB, 11. Auflage 1978, § 1105, Randziffer 24. Da das landesrechtliche Belastungsverbot auf die hier übernommene Verpflichtung gemäß Artikel 116 EGBGB keine Anwendung findet, hat die Kammer keine Bedenken, daß die Reallast, wie beantragt, eingetragen wird.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2051110

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