Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Jahresabrechnung ist insgesamt für ungültig zu erklären, wenn sie für einen durchschnittlichen Wohnungseigentümer ohne sachkundige Hilfe nicht mehr nachvollziehbar ist.

2. Auf eine unzulässige Abweichung des Wirtschaftsplanes / der Jahresabrechnung vom Kalenderjahr darf sich ein Wohnungseigentümer gemäß § 242 BGB nicht berufen, wenn eine langjährige Übung besteht, der anfechtende Wohnungseigentümer zuvor noch nicht ernsthaft und nachhaltig eine Änderung verlangt hatte und ihm auch keine erheblichen Nachteile durch die Abweichung drohen. Der Wohnungseigentümer kann dann lediglich für künftige Pläne und Abrechnungen die Umstellung auf das Kalenderjahr verlangen.

3. Grundsätzlich ist die Entscheidung über das „Ob” und „Wie” von Instandsetzungsmaßnahmen der Eigentümerversammlung vorbehalten. Nur in engen Grenzen ist es möglich, die Vergabe und Durchführung eines Sanierungsauftrages durch Mehrheitsbeschluss auf die Hausverwaltung zu delegieren. Voraussetzung ist, dass die Ermächtigung zu einem überschaubaren und für den einzelnen Wohnungseigentümer begrenzten finanziellen Risiko führt und die grundsätzliche Verantwortlichkeit für den Beschluss solcher Maßnahmen bei der Eigentümerversammlung bleibt.

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 05.02.2008; Aktenzeichen 485 URII 314/07 WEG)

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 17.02.2009; Aktenzeichen 32 Wx 164/08)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 05.02.2008 in Ziffer I dahingehend abgeändert, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.03.2007 zur Genehmigung der Jahreseinzel- und Jahresgesamtabrechnung 2006 (TOP 1) für ungültig erklärt wird und im übrigen die Anträge zurückgewiesen werden. Ziffer II des Beschlusses wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Von den gerichtlichen Kosten beider Instanzen tragen die Antragsgegner samtverbindlich 35 % und der Antragsteller 65 %. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten wird nicht angeordnet.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 86.780 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

1. Der Antragsteller und die Antragsgegner bilden die im Rubrum genannte WEG. Das Anwesen wird von der M-GmbH & Co. KG verwaltet.

2. In der Eigentümerversammlung am 06.03.2007 wurden mehrere Beschlüsse gefasst, die von dem Antragsteller im vorliegenden Verfahren angefochten werden.

a) Unter TOP 1 wurde die Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2006 mehrheitlich genehmigt.

Die Jahresabrechnung bezieht sich auf ein Wirtschaftsjahr vom 01.12.2005 bis 30.11.2006. Bereits am 08.09.1994 hatte die Eigentümerversammlung unter TOP 10 beschlossen, dass dieses vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr künftigen Abrechnungen zugrunde gelegt werden solle, da die Stadtwerke München die Heizungsabrechnung immer zum 30.11. eines Jahres stellen würden (Anlage AG 6). Die Verwaltung hatte seitdem die Abrechnungen jeweils für einen Zeitraum vom 01.12. bis zum 30.11. erstellt. Bislang waren diese Abrechnungen stets genehmigt worden.

Inhaltlich weist die Jahresabrechnung unter dem Punkt „Entwicklung der Instandhaltungsrücklage” einen Abgang von 66.088,82 EUR aus. In der allgemeinen Aufstellung der Ausgaben und Einnahmen des Geschäftsjahres 2006 taucht dieser Abfluss von der Instandhaltungsrücklage indes nicht auf.

Die Gemeinschaft hatte in ihrem Wirtschaftsjahr 2006 Zinseinnahmen für das Guthaben auf dem Instandhaltungsrücklagenkonto in Höhe von 2.841,07 EUR. Dem standen Zinsaufwendungen (Zinsabschlagsteuer und Solidaritätszuschlag) in Höhe von 852,33 EUR + 46,84 EUR = 899,17 EUR gegenüber. Auf der Eigentümerversammlung vom 26.04.2006 war unter TOP 1 ein Antrag des Antragstellers, die Zinseinnahmen nicht mehr wie bisher der Instandhaltungsrücklage zuzuführen, sondern über die Jahresabrechnung auszuschütten, mehrheitlich abgelehnt worden (Anlage AG 2). In der Jahresabrechnung 2006 werden dementsprechend die Zinseinnahmen lediglich unter dem Punkt „Entwicklung der Instandhaltungsrücklage” als Zufluss angegeben. In der Aufstellung der Einnahmen der Gemeinschaft tauchen sie nicht auf. Die Zinsaufwendungen dagegen werden als Ausgabe der Gemeinschaft verbucht und mindern das Jahresergebnis. Bei dem Punkt „Entwicklung der Instandhaltungsrücklage” werden sie nicht erwähnt.

Unter dem Punkt „Nachweis § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG” wird eine Entnahme aus der Rücklage 2.2 versehentlich mit „22.961,49+” angegeben, anstatt richtig mit „22.961,49–”.

Die Jahresabrechnung schließt mit dem Punkt „Vermögensübersicht”. Dieser lautete wie folgt:

Aktiva

Fehlbetrag aus JA 2006

EUR 4.296,13

Girokonto Hausbank

EUR 3.336,27

Anlagekonto

EUR 137.000,00

Rechnungsabgrenzungen

EUR 1.501,37

Gesamt:

EUR 146.133,77

Passiva

Instandhaltungsrücklage

EUR 130.908,51

Rechnungsabgrenzungen

EUR 15.225,26

Gesamt:

EUR 146.133,77

b) Unter TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 06.03.2007 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich, den Gesamt- u...

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