Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenstreitwert für eine Räumungsvollstreckung

 

Orientierungssatz

Anders als in der Gerichtspraxis nach altem Recht ist für die Festsetzung des Gebührenstreitwertes für eine Räumungsvollstreckung nicht mehr - wie im Erkenntnisverfahren - auf die Jahresmiete entsprechend der Wertvorschrift des GKG § 16 Abs 2 abzustellen.

Maßgeblich ist vielmehr der Verkehrswert des herauszugebenden bebauten Grundstücks oder Grundstücksteils.

Dieser Wert ist entsprechend ZPO § 6 mit dem Ertragswert oder aber je nach den Umständen des Einzelfalles mit dem Sachwert oder dem Mittelwert anzusetzen.

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Der Antragsteller begehrt Festsetzung des Streitwertes für das Vollstreckungsverfahren. Es handelt sich um die Räumung von Geschäftsräumen, deren monatlicher Mietwert zumindest 2.000,- DM beträgt (vgl. die Bewertung der Nutzungsentschädigung im Vergleich).

2. Auf die Streitwertfestsetzung ist neues Recht anzuwenden, weil der Zeitpunkt der Auftragserteilung für das Zwangsvollstreckungsverfahren maßgeblich ist (§ 134 Abs. 1 BRAGO), hier ein Zeitpunkt nach dem 1.7.1994.

3. Im Unterschied zur Praxis nach altem Recht ist nach neuem Recht (§ 57 Abs. 2 BRAGO) nicht mehr - wie beim Erkenntnisverfahren - auf die Einjahresmiete entsprechend der Wertvorschrift des § 16 Abs. 2 GKG abzustellen, sondern auf den Verkehrswert der herauszugebenden Sache.

Der Verkehrswert eines bebauten Grundstücks oder Grundstücksteiles ist entsprechend § 6 ZPO nach dem Ertragswert (BGHZ 10, 171, 180) oder - je nach Lage des Falles - nach dem Sachwert (BGH NJW 1970, 2018) oder dem Mittelwert (BGH in LM Nr. 5 zu § 2311 BGB) zu bestimmen.

Mangels konkreter weiterer Anhaltspunkte ist hier vom Ertragswert auszugehen, der mit der "Faustformel" des 17fachen Jahresmietwerts berechnet werden kann (17 x 24 000 = 408.000,- DM). Das Ertragswertverfahren nach §§ 7-13 WertV ist für das Streitwertverfahren zu unhandlich (es wären Bodenwert, Gebäudeertragswert und Bewirtschaftungskosten, die angemessene Verzinsung des Bodenwertes nach Art der baulichen Anlage und der Lage auf dem Grundstücksmarkt und die konkrete Restnutzungsdauer zu ermitteln).

Der sich hier ergebende Zinssatz von ca. 5,88% ist als angemessene Verzinsung anzusehen.

Es mag sein, daß der Gesetzgeber diese "Streitwertexplosion im Räumungsverfahren" nicht gesehen hat. Der Gesetzeswortlaut ist jedoch eindeutig so, daß der Jahresmietwert keine Anwendung mehr finden kann.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1732966

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