Leitsatz (amtlich)

Für die Terminsgebühr nach Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG ist entscheidend, ob der Termin für den jeweiligen Rechtsanwalt "nicht stattgefunden hat", unerheblich ist, wenn der Termin ggf. mit einem anderen Rechtsanwalt durchgeführt worden ist.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet. Der Beschwerdewert wird auf EUR 218,96 festgesetzt.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

In dem zugrunde liegenden Strafverfahren wurde dem Angeklagten vorgeworfen, ohne Fahrerlaubnis gefahren zu sein. Ihm wurde mit Beschluss vom 19.01.2011 Rechtsanwalt Stefan A. als Verteidiger beigeordnet, weil er unter Bewährung stand (§ 140 Abs. 2 StPO). Mit Schreiben vom 27.01.2011 meldete sich Rechtsanwalt L. für den Angeklagten. Mit Schreiben vom 07.02.2011 beantragte er, die Verteidigerbeiordnung des Rechtsanwalts A. aufzuheben, weil sich der Angeklagte einen anderen Verteidiger genommen habe. Mit Schreiben vom 1.6.02.2011 wies das Amtsgericht Marburg beide Verteidiger auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt zur Frage des Verteidigerwechsels, der dazu dient, den gewählten Verteidiger zum Pflichtverteidiger zu machen, hin. Mit Schreiben vorn 17.02.2011 teilte Rechtsanwalt A. mit, dass er gegen den Wechsel des Pflichtverteidigers keine Bedenken habe. Darüber hinaus bat er um Mitteilung, ob er zum Verhandlungstermin am 21.02.2011 kommen müsse. Rechtsanwalt L. erklärte erst circa 20 Minuten vor Beginn der Hauptverhandlung mündlich gegenüber dem erkennenden Richter, dass er bereit sei, für den Fall seiner Beiordnung auf alle Herrn Rechtsanwalt A. entstandJ2Pflichtverteidigergebühren zu verzichten. Diesen Verzicht erklärte er sodann nach Beginn der Hauptverhandlung zu Protokoll (Blatt 65 der Akten). Der erkennende Richter teilte Herrn Rechtsanwalt A. die vor dem Termin von Herrn Rechtsanwalt L. signalisierte Bereitschaft zum Verzicht auf die Herrn Rechtsanwalt A. entstandenen Pflichtverteidigergebühren erst unmittelbar vor dem Termin persönlich im Dienstzimmer von JHS K. mit. Beim Aufruf der Sache waren nur die aus dem Hauptverhandlungsprotokoll (Blatt 64 ff. der Akten) ersichtlichen Personen anwesend. Herr Rechtsanwalt A. war nicht anwesend. Der Angeklagte wurde rechtskräftig freigesprochen.

Mit Beschluss vom 11.05.2011 hat das Amtsgericht Marburg die von Herrn Rechtsanwalt A. geltend gemachte Vergütung um die Terminsgebühr in Höhe von EUR 218,96 (einschl. 19% Mehrwertsteuer) gekürzt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass Herr Rechtsanwalt A. zum Zeitpunkt des Aufrufs der Sache nicht anwesend gewesen und auch im Laufe der Hauptverhandlung nicht erschienen sei; er erhalte die Terminsgebühr auch nicht gemäß Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 RVG, da er nicht zu einer anberaumten Hauptverhandlung erschienen sei, die jedoch aus Gründen, die er nicht zu vertreten habe, insgesamt aufgehoben oder verlegt worden sei.

Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung des Herrn Rechtsanwalt A. hat das Amtsgericht Marburg mit Beschluss vom 24.06.2011 den Beschluss vom 11.05.2011 dahingehend abgeändert, dass zugunsten des Herrn Rechtsanwalt A. zusätzlich zu der bereits festgesetzten und zur Auszahlung gebrachten Vergütung eine weitere Vergütung in Höhe von EUR 218,96 festgesetzt wird. Der Bezirksrevisor wendet sich hiergegen mit der vorliegenden Beschwerde.

Die Beschwerde des Bezirksrevisors als Vertreter der Staatskasse ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Herrn Rechtsanwalt A. steht die von ihm geltend gemachte Terminsgebühr gemäß VV 4108 RVG in Höhe von EUR 184,00 zuzüglich Mehrwertsteuer gemäß Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 RVG zu.

Aus Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 1 RVG ergibt sich, dass die Terminsgebühr für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen entsteht, soweit nichts anderes bestimmt ist. Das Entstehen der Terminsgebühr ist mithin grundsätzlich davon abhängig, dass ein gerichtlicher Termin stattgefunden hat und der Rechtsanwalt daran teilgenommen hat (vgl. Kotz in Beck'scher Online-Kommentar RVG, Edition 14, Stand 16.05.2011, Vorbemerkung 4 Rn. 63). Erforderlich ist mithin grundsätzlich die Anwesenheit des Rechtsanwalts in dem Termin, wobei damit die körperliche Anwesenheit gemeint ist (vgl. Burhoff in Gerold/Schmitt, RVG, Vorb. 4 Rn. 24; Kotz in Beck'scher Online-Kommentar RVG, Edition 14, Stand 16.05.2011, Vorbemerkung 4 Rn. 63, 64).

Nach Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 RVG erhält der Rechtsanwalt die Terminsgebühr aber auch dann, wenn er in einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Diese Ausnahmeregelung macht das Entstehen der Gebühr vom Erscheinen des Rechtsanwalts zum anberaumten Termin abhängig, es wird mithin seine körperliche Anwesenheit als Verteidiger im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an der Hauptverhandlung vorausgesetzt (vgl. OLG München, Beschluss vom 13.11.2007, Az. 1 Ws 986/07, zitiert nach [...]). Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt, da Herr Re...

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