Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige gewerbliche Nutzung von Wohnraum, Sonderkündigungsrecht für Zweifamilienhäuser

 

Orientierungssatz

1. Eine zulässige gewerbliche Nutzung des vermieteten Wohnraums liegt auch dann vor, wenn die wohnberechtigten Mieter als Geschäftsführer und Gesellschafter einer von ihnen allein getragenen GmbH in den Mieträumen auch die anfallenden geringfügigen Büroarbeiten ausführen, soweit dadurch die übrigen Mitmieter nicht gestört und die Mietsache nicht zusätzlich abgenutzt wird.

2. Das Sonderkündigungsrecht nach BGB § 564b Abs 4 für Ein- und Zwei*-familienhäuser ist nicht gegeben, wenn sich in dem Haus neben den 2 Mietwohnungen noch 5 Pensionszimmer für Feriengäste befinden.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Kündigungen des Klägers vom 13. September (I 34ff) und vom 22. November 1976 (I 78) den Mietvertrag vom 9. März 1976 (I 11ff) beendet haben. Der Kläger meint, daß dies bezüglich der ersten Kündigung gemäß § 553 BGB schon allein wegen der Überlassung der Wohnung an die Mieter GmbH, jedenfalls aber wegen der durch deren Geschäftsbetrieb bedingten Störungen (vgl Schriftsätze vom 16. und 24. November 1976 - I 70ff und 83 - und vom 22. April und 10. Juni 1977 - II 20ff und 57ff) der Fall sei. Die Kündigung vom 22. November 1976 sei gemäß § 564b Abs 4 BGB wirksam, da es sich um ein Zweifamilien-Haus handele. Demgegenüber ist die Beklagte der Meinung - die sie mit der formgerecht und fristgerecht eingelegten Berufung gegen das ergangene Räumungsurteil weiterverfolgt -, daß sie durch ihr Verhalten die von der Rechtsprechung für gewerbliche Benutzung von Wohnräumen gesetzten Grenzen nicht überschritten habe; § 564b Abs 4 BGB könne nicht eingreifen, da in dem Haus außer den beiden Wohnungen weitere Räume vorhanden seien, die an Feriengäste vermietet würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das amtsgerichtliche Urteil und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Die von dem Kläger ausgesprochenen Kündigungen haben den Mietvertrag bisher nicht beendet.

1. Allein die Tatsache der Überlassung eines Teils der Wohnräume an die M. GmbH stellt keinen vertragswidrigen Gebrauch iSd § 553 BGB dar, da es sich bei der GmbH um eine juristische Person handelt, deren Gesellschafter und Geschäftsführer mit den zum Wohnen in der Wohnung berechtigten Personen identisch sind und die sonst keine weiteren Angestellten hat. Ein Geschäftsbetrieb im eigentlichen Sinne, der zu unzumutbaren Belästigungen iS der Rechtsprechung zur gewerblichen Benutzung von Wohnräumen (vgl LG Berlin WM 74, 258 = ZMR 75, 245; Schmidt-Futterer Mietrecht, 7. Aufl, Stichwort: Gewerbliche Benutzung von Wohnräumen) führen könnte, ist ebenfalls nicht gegeben. Die vom Kläger behaupteten Vorgänge stellen - abgesehen davon, daß sie in keiner der beiden Kündigungen und auch nicht in der Klageschrift im einzelnen dargelegt sind - auch in ihrer Gesamtheit keine betriebstypischen Störungen dar, die zu einer unzumutbaren Belästigung des Klägers und seiner Familie und der Pensionsgäste geführt hätten. Es handelte sich vielmehr um alltägliche Dinge, die in jedem Privathaushalt vorkommen können. So kann es keinem Mieter verwehrt werden, Telefongespräche zu führen und Post, auch in größerem Umfang, zu empfangen. Wenn es dabei vorgekommen ist, daß versehentlich beim Kläger geklingelt wurde, so stellt dies keinen störenden, unzumutbar belästigenden Ausfluß des Geschäftsbetriebs der GmbH dar. Auch wenn da und dort beim Kläger nach der M. GmbH gefragt worden ist, kann darin eine unzumutbare Belästigung, die zur Kündigung berechtigt, nicht gesehen werden. Ebensowenig stellt allein die Tatsache, daß in der Wohnung der Beklagten auf der Schreibmaschine geschrieben wurde, einen Kündigungsgrund dar. Insgesamt ist zu sagen, daß die vom Kläger behaupteten Vorgänge als solche keine Belästigung darstellen; daß sie infolge ihrer Lautstärke, ihres Umfangs oder ihrer Einwirkung auf die anderen Hausbewohner belästigenden Charakter bekommen hätten, hat der Kläger schlüssig und substantiiert nicht vorgetragen.

Einen Kündigungsgrund könnte es allerdings darstellen, wenn durch die Überlassung eines Teils der Wohnräume an die M. GmbH die Grenze des § 7b EStG überschritten würde. Auf diesen Sachverhalt hat der Kläger aber seine beiden Kündigungen nicht gestützt. Auch die als Kündigungserklärung in Frage kommende Klageschrift enthält nur den Hinweis auf "eine ganze Reihe von rechtlichen Problemen, die auf den Vermieter zukommen könnten, bis hin zu steuerlichen Fragen". Hierdurch ist aber dieser Sachverhalt als Kündigungsgrund nicht ausreichend substantiiert, da nicht zu erkennen ist, welche steuerrechtlichen Probleme und Schwierigkeiten für den Vermieter gemeint sind. Eine wirksame Kündigung ist daher auch in der Klageschrift nicht zu sehen.

2. Die Kündigung des Klägers vom 22. November 1976 ist ebenfalls unwirksam. Das Haus des Klägers ist kein Zweifamilien-Haus iSd § 56...

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