Nachgehend

BGH (Urteil vom 31.07.2013; Aktenzeichen 2 StR 620/12)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt Zahlung einer Invaliditätsleistung aufgrund einer mit der Beklagten zu Versicherungsnummer ##### abgeschlossenen privaten Unfallversicherung.

Ausweislich des Versicherungsschein-Nachtrags vom 11.05.2009 (Bl. 8 d. A.) beträgt die versicherte Invaliditätsgrundsumme 102.259,00 EUR bei vereinbarter Progression. Dem Vertrag liegen die "Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88)" (im Folgenden: AUB 88) und die "Besondere Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel [225 Prozent]" zugrunde.

Nach Darstellung der Klägerin befuhr diese am 07.10.2008 gegen 15.00 Uhr mit dem Fahrrad eine lediglich von Fahrradfahrern und Fußgängern zu nutzende Straße in F, stürzte aus unbekannten Gründen und schlug mit der linken Kopfseite auf den Asphalt auf; die Klägerin wurde in die chirurgische Klinik der Universitätsklinik F gebracht, kurz darauf in die dortige intensivmedizinische Abteilung und in der Folge in eine neurologische Fachklinik in M verlegt. Mit Beschluss des Amtsgerichts M (Ems) vom 06.01.2009 (Bl. 122 d. A.) wurde der Zeuge N zum vorläufigen Betreuer u. a. mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt.

Am 27.12.2010 meldete die Klägerin den Unfall bei der Beklagten unter Vorlage eines Arztberichtes vom 30.11.2010. Hierauf wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 27.01.2011 (Bl. 70 f. d. A.) u. a. darauf hin, dass sie nicht unverzüglich über den Unfall informiert und die Invalidität nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfalltag ärztlich festgestellt bzw. geltend gemacht worden sei und dass deshalb kein Anspruch auf Invaliditätsleistung bestehe.

Nach Vorlage weiterer Arztberichte durch die Klägerin lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 04.08.2011 ihre Leistungspflicht endgültig ab.

Die Klägerin behauptet, aufgrund des Unfallereignisses vom 07.10.2008 bestehe eine Invalidität zu einem Grad von 80 % außerhalb der Gliedertaxe u. a. wegen dauerhafter Beeinträchtigung in der Kommunikationskompetenz, Verständnis- und Formulierungsproblemen, gestörten Kommunikationsverhaltens, Wortfindungsstörungen, starker Beeinträchtigung der Fähigkeit zum abstrahierten Denken und Einschränkungen der Gleichgewichtsleistungen als Folgen der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen. Sie sei bis Mitte 2009 geschäftsunfähig gewesen. Danach und bis in die zweite Rehabilitation im Jahr 2010 habe es ihr an der notwendigen Einsicht gefehlt, ihre dauerhaften körperlichen und geistigen Schäden als Dauerschaden überhaupt begreifen und akzeptieren zu können. Der vorläufige Betreuer Herr N habe erstmals Anfang Mai 2009 Kontoauszüge der Klägerin einsehen können und gegenüber der Firma Z Wirtschaftsberatung AG (im Folgenden: Fa. Z) den Unfall angezeigt sowie rechtzeitig Invalidität geltend gemacht. Dies müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, da es sich bei der Fa. Z um eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der P AG handele.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

  • 1.

    168.727,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2011 sowie

  • 2.

    vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.309,36 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen daraus seit Rechtshängigkeit

    zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf die Versäumung der Invaliditätsfeststellungs- und -geltendmachungsfrist und hält Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung durch verspätete Unfallanzeige für gegeben. Sie bestreitet Bestehen und Höhe der geltend gemachten Invalidität und beruft sich vorsorglich auf den Ausschluss wegen psychischer Reaktionen und die Mitwirkung unfallunabhängiger Faktoren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 168.727,35 EUR wegen unfallbedingter Invalidität aufgrund des behaupteten Unfallereignisses vom 07.10.2008 zu.

Ein Anspruch der Klägerin auf Invaliditätsleistung scheidet aus, da die behauptete Invalidität nicht entsprechend den Anforderungen der maßgeblichen Versicherungsbedingungen ärztlich festgestellt worden, diese unentschuldigt nicht fristgerecht geltend gemacht worden und im Übrigen die Beklagte wegen Obliegenheitsverletzung durch die erst am 27.12.2010 erfolgte Anzeige des Unfalls leistungsfrei ist.

Nach § 7 I. (1) Abs. 2 AUB 88 muss die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Eine - aus Gründen der Rechtssicherheit zu fordern...

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