Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft zu vollziehen ab den Vorstandsmitgliedern der Beklagten, insgesamt höchstens 2 Jahre)

    zu unterlassen,

    beim Abschluss von Rechtsschutz-Versicherungsverträgen mit Verbrauchern

    die nachstehend zitierte Klausel in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf diese Klausel zu berufen

    [die nachstehend kursiv und in eckigen Klammern abgedruckten Textbestandteile sind nicht Gegenstand des Verbots, sondern dienen nur seinem besseren Verständnis]:

    "[...]

    § 17 Verhalten nach Eintritt des Rechtsschutzfalles

    [...](5) Der Versicherungsnehmer hat

    [...] c) soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden,

    [...]

    cc) alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte.

    [...]"

  • 2.

    Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an den Kläger 200,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2010 zu zahlen.

  • 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  • 4.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 25.000 vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Wahrung von Verbraucherinteressen (Verbraucherschutzverein). Die Beklagte ist eine Versicherungsgesellschaft, die Rechtsschutzversicherungen anbietet. Zur näheren Beschreibung ihrer Leistungsverpflichtungen und etwa bestehender Pflichten des Versicherungsnehmers im Schadensfalls bediente sich die Beklagte folgender in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) enthaltenen Formulierung:

"[...]

§ 17 Verhalten nach Eintritt des Rechtsschutzfalles

[...] (5) Der Versicherungsnehmer hat

[...]c) soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden,

[...]

cc) alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte.

[...]"

Mit Schreiben vom 22.06.2010 mahnte der Kläger anwaltlich vertreten durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten die Beklagte außergerichtlich ab. Er verlangte von der Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung unter Fristsetzung bis zum 12.07.20010. Danach sollte sich die Beklagte sich dahingehend gegenüber dem Kläger verpflichten, es zu unterlassen, die vorstehende Formulierung im Hinblick auf den Abschluss von Neuverträgen über Rechtsschutzversicherungen zu verwenden und/oder sich bei Abwicklung von bereits abgeschlossenen Verträgen über Rechtsschutzversicherungen auf diese oder inhaltsgleiche Formulierungen zu berufen soweit dies nicht gegenüber einem Unternehmer geschehe. Eine Reaktion der Beklagten auf diese Abmahnung erfolgte nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, die beanstandete Formulierung in den ARB der Beklagten sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. So sei dem durchschnittlich verständigen Verbraucher eine abschließende Bewertung der in § 17 Abs. 5 c) cc) ARB formulierten Verhaltensanweisung schon wegen des offenen und unbestimmten Wortlautes der Formulierung "alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte"nicht möglich. Weder sei für ihn ersichtlich, welche Kostenerhöhung unnötig oder welches Verhalten konkret geeignet sei, eine Erschwerung der Kostenerstattung zu begründen. Noch könne er im Hinblick auf die bloß potentielle Geeignetheit des zu vermeidenden Verhaltens, eine Erhöhung der Kosten oder Erschwernis ihrer Erstattung herbeizuführen, den Umfang seiner Vermeidungspflicht klar begrenzen, zumal ihm eine Kenntnis der grade im Falle arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen immer wieder auftauchenden Streitigkeiten über die Deckung auch vorprozessualer Streitbeilegungsversuche nicht abverlangt werden könne. Zudem sei die Formulierung auch inhaltlich unwirksam gemäß § 307 Abs. 2 BGB. Die Formulierung stehe im Widerspruch zu der aus § 82 VVG (§ 62 VVG a.F.) folgenden Schadensminderungspflicht des Versicherungsnehmers, welche den Versuch einer außerprozessualen Streitbeilegung als im Erfolgsfall kostengünstigste Alternative von diesem verlange. Daneben sei ein Ausschluss oder eine Deckungsbeschränkung hinsichtlich vorprozessualer Streitbeilegungsversuche aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten nicht ersichtlich. Im Übrigen sei dem Versicherungsnehmer eine etwa bestehende Pflichtverletzung seines Prozessbevollmächtigten auch nicht zuzurechnen. Insoweit komme es ausschließlich auf die Kenntnis des Versicherungsnehmers, nicht aber auf die Fachke...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge