Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.06.2013; Aktenzeichen I ZR 2/12)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter der Beklagten, verurteilt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr für das Arzneimittel "T Kapseln" mit sogenannten Google AdWord-Anzeigen wie nachstehend wiedergegeben zu werben:

(Es folgt eine Darstellung)

und/oder

(Es folgt eine Darstellung)

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Höhe der Sicherheit beträgt für die Vollstreckung aus dem Unterlassungstenor 25.000 €, im Übrigen 110% des zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Der Kläger ist als branchenübergreifend und überregional tätiger Verband, der sich die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs zur Aufgabe gemacht hat, anerkannt. Die Beklagte stellt Arzneimittel her.

Die Beklagte warb für ihr Arzneimittel T mit den in den Tenor zu I. eingeblendeten Google AdWord-Anzeigen. Hierbei waren die Pflichtangaben zu den beworbenen Medikamenten erst im unteren Teil der über die Überschrift der Anzeigen verlinkten Internetseite enthalten und nur nach mehrfachem Scrollen aufrufbar.

Wegen einer vergleichbaren AdWord-Werbung für ein anderes Medikament der Beklagten erwirkte der Kläger bereits im Verfahren LG Köln 31 O 34/11 eine einstweilige Verfügung, welche die Kammer mit rechtskräftigem Urteil vom 07.04.2011 bestätigte. In den Verbotstenor war in dieser einstweiligen Verfügung auch die verlinkte Internetseite mit den Pflichtangaben, die sich ebenfalls erst im unteren Teil der Seite befanden, einbezogen. Das Urteil vom 07.04.2011 lässt ausdrücklich offen, obdie Pflichtangaben bereits in der AdWord-Anzeige enthalten sein müssen.

Der Kläger ist der Auffassung, diese Werbung verstoße gegen § 4 HWG, weil die Pflichtangaben nicht in der Anzeige selbst enthalten seien. Hilfsweise stützt er sein Unterlassungsbegehren bezüglich der zweiten in den Tenor eingeblendeten Anzeige darauf, dass - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - der Link "www.T.de/Pflichttext_hier" nicht anklickbar sei und auch der angegebene Pfad bei Eingabe in die Adressleiste eines Internetbrowsers nicht unmittelbar zu den Pflichtangaben führe.

Er beantragt,

- wie erkannt -

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, bei einer Ad-Word-Werbung für Arzneimittel reiche es aus, wenn der Pflichttext auf der mit der Werbeanzeige verlinkten Seite enthalten sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Parteien wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Das rechtskräftige Urteil der Kammer im Verfahren 31 O 34/11 steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Das Verfahren betrifft zwar eine vergleichbare Werbung der Beklagten, das Verbot bezieht indes in der konkreten Verletzungsform auch die mit der Werbung verlinkte Internetseite, welche die Pflichtangaben enthält, ein und ist allein darauf gestützt, dass der Link in der AdWord-Anzeige nicht unmittelbar zu den Pflichtangaben führte. Demgegenüber greift der Kläger vorliegend die AdWord-Werbung der Beklagten in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Pflichtangaben in der Anzeige selbst an, was einen anderen Streitgegenstand darstellt.

Der Klage kann auch nicht im Hinblick auf die Möglichkeit, ggfls. im Verfahren 31 O 34/11 ein Ordnungsmittel zu beantragen, das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Da auch im vorliegenden Fall die Pflichtangaben erst im unteren Teil der verlinkten Internetseite enthalten und nur nach mehrfachem Scrollen aufrufbar waren, dürfte die streitgegenständliche Werbung zwar auch einen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot in jenem Verfahren darstellen. Das lässt indes nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die klageweise Geltendmachung eines Unterlassungsbegehrens entfallen, das auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt als das bestehende Verbot gestützt ist.

II. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 HWG. Gemäß § 4 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 und 3 HWG muss jede Werbung für ein Arzneimittel außerhalb der Fachkreise zumindest dessen Bezeichnung und die Anwendungsgebiete sowie den Zusatz "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker" enthalten. Diesem Erfordernis genügen die streitgegenständlichen AdWord-Anzeigen der Antragsgegnerin nicht.

Der Gesetzgeber hat die Pflichtangaben für jede Werbung für Arzneimittel vorgeschrieben und dazu angeordnet, dass diese von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt, abgegrenzt und gut lesbar sein müssen, § 4 Abs. 4 HWG. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Pflichtangaben in jedem Einzelfall wahrnehmbar sind und der Aufkl...

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