Leitsatz (amtlich)

1. Beim Verkauf einer vermieteten Immobilie ist eine durch die Mieter per Überweisung an den früheren Vermieter gezahlte Kaution an den neuen Vermieter auszuzahlen. Der alte Vermieter darf im Verhältnis zum neuen Vermieter nicht die Auszahlung der Kaution verweigern, weil er Nebenkostennachzahlungen von den Mietern für die Zeit seiner Stellung als Vermieter erwartet. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ansprüche rechtskräftig festgestellt oder unstreitig sind.

2. Eine nach übereinstimmender Erledigungserklärung erfolgte Berichtigung der Erledigungserklärung durch den Kläger mit dem Ziel den Betrag der Erledigung zu verringern ist nicht wirksam.

 

Normenkette

BGB § 566a; ZPO § 91a

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die von dem Mieter G der Immobilie L Straße … in … L1 (Erdgeschoss, Gewerbeflächen, Mietvertrag vom 06.04.2009) geleistete Mietsicherheit i.H.v. 3.150,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.04.2020 bis zum 01.04.2021 aus 8.400,00 EUR und seit dem 1. 02.04.2021 aus 3.150,00 EUR zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe der erwirtschafteten Zinsen aufgrund der Anlage der von den Mietern der Immobilie L Straße … in … L1 geleisteten Mietsicherheiten i.H.v. 3.150,00 EUR (G, Erdgeschoss, Gewerbeflächen, Mietvertrag vom 06.04.2009) und 5.250,00 EUR (Frau N und Herr I C, Wohneinheit, Dachgeschoss, Mietvertrag vom 27.07.2016) zu erteilen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 808,13 EUR zu zahlen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und zwar mit Blick auf die Tenorziffern 1.) und 3.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags sowie mit Blick auf die Tenorziffer 2.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500,– EUR.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Auszahlung von Mietsicherheiten vom früheren Eigentümer einer vermieteten Immobilie an den Erwerber.

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 17.09.2019 die Immobilie in der L Straße … in L1 von dem Beklagten. Der Kaufpreis wurde vollständig gezahlt. Der Kläger wurde als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Hinsichtlich der vorgenannten Immobilie bestehen drei Mietverhältnisse, welche auch zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses und der Eintragung des Klägers in das Grundbuch schon bestanden. Das Erdgeschoss ist an Herrn G vermietet, der in den Räumlichkeiten einen Klavierladen betreibt. Herr G leistete an den Beklagten per Überweisung eine Kaution i.H.v. 3.150,– EUR. Die Wohnung im Dachgeschoss wird bewohnt von den Eheleuten C. Die Eheleute C leisteten eine Kaution per Überweisung i.H.v. 5.250 ,– EUR. Das weitere Mietverhältnis für die Wohnung im ersten Obergeschoss sieht vertraglich keine Leistung einer Sicherheit vor.

Der notarielle Kaufvertrag vom 17.09.2019 (Anlage K1, Bl. 13 GA) sieht in Ziffer IV. 3. folgende Regelung vor:

„[…] Der Verkäufer garantiert: Der Vertragsbesitz ist ungekündigt vermietet; es bestehen weder Mietrückstände, Mietvorauszahlungen, Streitigkeiten (z.B. Minderungen; Einwendungen gegen Nebenkostenabrechnungen), Pfändungen, Verfügungen über künftige Mietzinsansprüche noch abzugeltende Investitionen des Mieters.

Der Käufer tritt gemäß der gesetzlichen Regelung (§ 566 BGB) in das bestehende Mietverhältnis ein und zwar mit wirtschaftlicher Wirkung zum Tage des Besitzüberganges. Ab diesem Zeitpunkt des Verkäufer umfassend zu allen das Mietverhältnis betreffenden Erklärungen – auch zu Kündigungen und Mieterhöhungsverlangen – ermächtigt, und bevollmächtigt, jedoch auf eigene Kosten und eigenes Risiko.

Der Verkäufer hat unverzüglich eine Kopie, am Tage des Besitzüberganges die Originale der Mietverträge sowie etwa durch den Mieter gestellte Sicherheiten (Kaution; Bürgschaft) zu übergeben; Vertragsänderungen und Vorausverfügungen über die Miete bedürfen ab sofort Zustimmung des Käufers.

Der Notar hat dem Verkäufer empfohlen, zur Haftungsvermeidung den Mietübergang dem Mieter anzuzeigen und ggf. dessen Zustimmung zur schuldbefreienden Übergabe der Mietsicherheiten an den Käufer einzuholen (Paragrafen §§ 566 Abs. 2, 566a Satz 2 BGB).

Der Verkäufer garantiert außerdem: Es bestehen zwischen Verkäufer und Mieter keine weiteren Vereinbarungen.

Die Abrechnung der Nebenkosten mit dem Mieter wird alleine diejenige Partei vornehmen, die am Ende des Abrechnungszeitraumes mittelbarer Besitzer ist. Der andere Vertragsbeteiligte hat etwa empfangene Nebenkostenvorauszahlungen, soweit sie die aufzuschlüsselnden umlegungsfähigen, durch den Verkäufer getragenen Nebenkosten übersteigen, ggf. mit der Kaution an den Käufer herauszugeben. Sofern jedoch eine der Kaufvertragsparteien dies wünscht, wird auf deren Kosten eine Zwischenablesung auf den Stichtag des Besitzübergangs vorgenommen und durch Verkäufer und Käufer getrennt für die einzelnen Zeiträume abgerechnet.”

Der zuvor genannte Mie...

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