Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung eines Titels gegen den Wohnungseigentumsverwalter auf Erstellung einer Jahresabrechnung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft &,Mietrecht WuM)

Die titulierte Verpflichtung des Verwalters, die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäß zu erstellen, ist nach ZPO § 888 zu vollstrecken.

 

Tatbestand

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des LG Köln v. 1. 3. 1994 ist die Antragsgegnerin verpflichtet, die Wohngeldabrechnung 1988 für die Eigentümergemeinschaft zu erstellen.

Mit ihrem Antrag v. 15. 7. 1995 begehren die Antragsteller, der Antragsgegnerin und Verwalterin nach § 888 ZPO ein Zwangsgeld aufzuerlegen, da noch keine Abrechnung für das Jahr 1988 vorgelegt wurde.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Zur Begründung meint sie, daß ihr die erforderlichen Unterlagen nicht mehr zur Verfügung stünden. Weiter sei sie zu keinem Zeitpunkt ordnungsgemäß zur Verwalterin bestellt worden.

Das AG Kerpen hat mit Beschluß v. 22. 2. 1996 den Antrag v. 15. 7. 1995 als nicht begründet zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das AG ausgeführt:

"Der Antrag kann dabei schon deshalb keinen Erfolg besitzen, weil die Erstellung einer Jahresabrechnung als eine vertretbare Handlung anzusehen ist. Die Vollstreckung richtet sich daher nicht nach § 888 ZPO, sondern   in entsprechender Anwendung (vgl. § 45 Abs. 3 WEG)   nach § 887 ZPO.

Vertretbare Handlungen im Sinne von § 887 ZPO sind solche, "die von einem Dritten an Stelle des Schuldners   vorgenommen werden können" (so Stöber, in:Zöller, ZPO, 19. Aufl., § 887 Rz. 2). Die Erstellung einer Jahresabrechnung ist als vertretbare Handlung in diesem Sinne zu verstehen.

Bei der Jahresabrechnung handelt es sich um eine geordnete Darstellung der Einnahmen und Ausgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. zum Inhalt der Abrechnung im einzelnen Palandt-Bassenge, 54. Aufl., § 28 WEG Rz. 7ff.). Die Jahresabrechnung wird dabei gewöhnlich aufgrund von schriftlichen Unterlagen erstellt. Um eine geordnete Zusammenstellung der Belege zu erreichen, erweist es sich dabei nicht unbedingt als erforderlich, daß die Belege von der Person systematisch erfaßt werden, welche die Belege abgeheftet und vorsortiert hat. Regelmäßig kann eine Jahresabrechnung vielmehr auch von Dritten erstellt werden. Daß die Jahresabrechnung nicht nur von dem Verwalter erstellt werden kann, der im maßgeblichen Abrechnungsjahr zum Verwalter bestellt war, ergibt sich bereits aus der   gerichtsbekannten   Tatsache, daß es mitunter während eines laufenden Geschäftsjahres zu einem Wechsel des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft kommt. In diesen Fällen ist die Abrechnung am Ende des Wirtschaftsjahres von dem dann berufenen Verwalter zu erstellen; die Abrechnung hat sich dabei naturgemäß auch auf die Zeit des Wirtschaftsjahres zu erstrecken, in welcher die Verwaltung noch nicht übernommen worden war.

Die Richtigkeit dieser Bemerkungen wird unterstrichen durch die Rechtsprechung zur Frage, wer bei einem Verwalterwechsel zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet ist. Das BayObLG hat mit Beschluß v. 20. 12. 1994 (NJW-RR 1995, 530f. =WM 1995, 341f.) entschieden, daß zur Erstellung der Jahresabrechnung grundsätzlich derjenige verpflichtet ist, der bei Fälligkeit der Abrechnung Verwalter ist. Selbst wenn ein Verwalter zum Ende eines Wirtschaftsjahres ausscheidet, hat somit grundsätzlich der neue Verwalter die Abrechnung zu erstellen.

Dem kann entnommen werden, daß grundsätzlich die Erstellung der Jahresabrechnung als vertretbare Handlung anzusehen ist.

Dies steht im Einklang damit, daß auch sonst von vertretbaren Handlungen ausgegangen wird, wenn etwa jeder Buchsachverständige oder Steuerberater die Abrechnung anhand der Unterlagen des Schuldners erstellen kann (Schuschke, ZPO, § 887 Rz. 7 m. w. Nachw.).

Den vorstehenden Erwägungen steht auch nicht entgegen, daß der Verwalter gemäß § 261 BGB zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet sein kann. Denn diese Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bezieht sich auf die Richtigkeit erteilter Auskunft und Rechnung (vgl. dazu auch KG NJW 1972, 2093f.). Zwischen dem Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung und dem Anspruch auf Rechnungslegung ist aber zu differenzieren. Mit Weitnauer (WEG, 8. Aufl., § 28 Rz. 33) ist festzuhalten, daß die Rechnungslegung ein von der Abrechnung "nach Zweck und Inhalt verschiedener Vorgang (ist)". Mögen somit die Rechnungslegung und die Erteilung von Auskunft nicht zuletzt wegen der etwaigen Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unvertretbare Handlungen sein (vgl. zu diesem Aspekt Schuschke, a. a. O. und § 888 Rz. 6), so gilt dies nicht für die zu erstellende Jahresabrechnung.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist somit davon auszugehen, daß die Abrechnung nicht nur von der Antragsgegnerin, sondern auch von einer in WEG-Sachen bewanderten anderen Person erstellt werden kann.

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