Verfahrensgang

AG Rendsburg (Entscheidung vom 18.10.2010; Aktenzeichen 18 C 503/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Oktober 2010 verkündete Teil- und Vorbehaltsurteil unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 590,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. August 2009 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin zu 69 % und die Beklagte zu 31 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges haben die Klägerin zu 85 % und die Beklagte zu 15 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Entscheidung über die Aufrechnung der Beklagten mit einer Forderung in Höhe von 1.600 € aus Darlehensvertrag bleibt vorbehalten.

 

Gründe

- abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 ZPO -

I.

Die Klägerin macht einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend. Sie ist eines von vier Kindern, die Beklagte die Ehefrau des 2008 verstorbenen Erblassers. Der Nachlass ist nicht werthaltig. Der Erblasser hatte eine Lebensversicherung, deren Erlös von 15.723,03 € an die Beklagte als Bezugsberechtigte ausgezahlt wurde. Der Erblasser hatte im Jahr 1999 den hälftigen Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück, den die Beklagte ihm im Jahr 1983 geschenkt hatte, an diese zurückübertragen. Er hat einen Wert von 51.000 €. Die Beklagte hatte Auslagen im Zusammenhang mit der Beerdigung des Erblassers. Sie hat die Aufrechnung mit einer streitigen Gegenforderung von 1.600 € erklärt, über deren Bestand noch nicht entschieden ist.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage überwiegend - allerdings in Höhe von 1.600 € unter Vorbehalt - stattgegeben. Zum Nachlass, von dessen Wert der Klägerin 1/16 zustehe, seien der Wert der Lebensversicherung und der Wert des hälftigen Grundstücksanteils hinzuzurechnen. Diese Rückschenkung sei zu berücksichtigen, weil der Erblasser mit ihr habe erreichen wollen, dass seine Kinder leer ausgingen. Die von der Beklagten geltend gemachten Beerdigungskosten seien nicht in voller Höhe abzuziehen. Das betreffe die Kosten für die Trauerfeier, weil die Beklagte insoweit einer eigenen moralischen Pflicht nachgekommen sei, und die Hälfte der Kosten für den Grabstein, weil dort noch Platz für die Beklagte freigehalten sei.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, die Rückübertragung des Grundstücksanteils stelle nur den ursprünglichen vermögenslosen Zustand des Erblassers wieder her und sei daher nicht zu berücksichtigen. Die Lebensversicherung solle nicht in den Nachlass fallen. Die Kosten der Trauerfeier und des Grabsteins seien in voller Höhe Beerdigungskosten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg.

Der Anspruch aus § 2325 Abs. 1 BGB, der der Klägerin nach einer Quote von 1/16 dem Grunde nach zusteht, besteht nicht in der zugesprochenen Höhe.

Allerdings hat das Amtsgericht mit zutreffender Begründung und im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BGH (BGHZ 185, 252) den Wert der Lebensversicherung in Höhe von 15.723,03 € zum Nachlasswert hinzugerechnet.

Der Wert des hälftigen Grundstücksanteils ist dem Nachlasswert dagegen nicht hinzuzurechnen. Denn bei der Übertragung im Jahr 1999 handelt es sich um eine bloße Rückgängigmachung der Schenkung aus dem Jahr 1983 und nicht um eine davon unabhängige, selbständige Schenkung. Das ergibt sich zwar noch nicht aus dem Wortlaut der notariellen Urkunde aus dem Jahr 1999, die auf die ursprüngliche Schenkung nicht Bezug nimmt. Bei der Auslegung des Übertragungsvertrages kommt es aber nicht allein auf den Wortlaut an, sondern es ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien anhand aller Umstände zu ermitteln (§ 133 BGB). Das führt hier dazu, dass die Übertragung aus dem Jahr 1999 nicht losgelöst von der Schenkung aus dem Jahr 1983 betrachtet werden kann. Die Beklagte hat die jeweilige Motivation für beide Übertragungen glaubhaft und nachvollziehbar geschildert: So habe sie ihrem Ehemann den Miteigentumsanteil Grundstück im Jahr 1983 - dem Jahr nach der Eheschließung - übertragen, weil er sich mit dem Grundstück identifizierte und das Gefühl haben sollte, dass es das gemeinsame Grundstück der Eheleute sei. Das Verhältnis der Eheleute zu den Kindern des Erblassers habe sich - wie auch die Klägerin bestätigt hat - verschlechtert. Der Grund für die Rückübertragung des Miteigentumsanteils an die Beklagte habe darin bestanden, dass der Erblasser verhindern wollte, dass ihr (der Beklagten) Besitz nicht an die Kinder gehe.

Die Kammer ist überzeugt, dass die Beklagte die Motivation für die Rückübertragung zutreffend geschildert hat. Ihre Angaben zum Zustandekommen des Rückübertragungsve...

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