Verfahrensgang

AG Kiel (Urteil vom 24.11.1964; Aktenzeichen 14 C 1193/64)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24. November 1964 verkündete Urteil des Amtsgerichts in Kiel wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Villengrundstücke in Kiel-Holtenau. Auf der Rückseite ihres Hauses halten die Beklagten seit 1947 Hühner. Sie haben dort einen Stall und einen Hühnerauslauf, der sich bis an die Grundstücksgrenze zum Kläger hinzieht. Auf der Seite zu dem Hühnerauslauf der Beklagten liegt die Küche des Hauses des Klägers. Zur Zeit halten die Beklagten 4 Hennen.

Der Kläger verlangt die Abschaffung der Hühner auf seinem Nachbargrundstück und hat vorgetragen: Er und seine Ehefrau würden durch das ständige Gegacker der Hühner in ihrer Ruhe und in ihrem Wohlbefinden gestört. Das Hühnerfutter locke darüberhinaus zahlreiche Spatzen an, die sich auch auf seinem Grundstück aufhielten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, die Hühnerhaltung auf ihrem Grundstück in … zu unterlassen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben ausgeführt, ihre Hühnerhaltung beeinträchtige den Kläger nur unwesentlich und müsse deshalb von ihm geduldet werden. Darüberhinaus habe der Kläger nach dem Kriege sein Einverständnis zu der Hühnerhaltung der Beklagten erklärt. Die Beklagten seien ihm schon dadurch entgegengekommen, daß sie die Zahl der Hühner auf 4 beschränkt hätten.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Die beschränkte Hühnerhaltung der Beklagten stelle objektiv nur eine unwesentliche Beeinträchtigung für die Benutzung des benachbarten Grundstücks des Klägers dar, der Kläger müsse sie daher dulden, auch wenn er sich durch die Hühnerhaltung subjektiv gestört fühle.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrag,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Klagantrag zu erkennen.

Der Kläger meint, das Amtsgericht habe verkannt, daß in der Wohngegend der Parteien die Hühnerhaltung nicht ortsüblich sei. Die Beklagten hielten als einzige auf den Villengrundstücken Hühner. Unter den Lotsen, die 1929/1930 die Villen errichtet hätten, habe Einigkeit darüber bestanden, daß dort keine Hühner gehalten werden sollten. Zwischen dem Kläger und dem verstorbenen Ehemann der Beklagten zu 1) habe außerdem Einigkeit darüber bestanden, daß die in der Nachkriegszeit ausnahmsweise geduldete Hühnerhaltung nach Änderung der Verhältnisse wieder aufgegeben werden sollte. Die Hühnerhaltung der Beklagten sei wirtschaftlich sinnlos geworden und müsse von ihm als Schikane aufgefasst werden. Die Beklagten beantragen,

Die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze beider Parteien Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und frist- und formgerecht angebracht worden; sie ist jedoch nicht begründet.

Nach § 906 Abs. 1 BGB kann der Kläger Einwirkungen von dem benachbarten Grundstück der Beklagten insoweit nicht verbieten, als die Einwirkungen die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. In diesem Umfang ist der Kläger also zur Duldung der Einwirkungen verpflichtet, gleichgültig ob sie durch eine Benutzung des Nachbargrundstücks entstanden sind, die ortsüblich oder nicht ortsüblich ist.

Die Hühnerhaltung der Beklagten in dem jetzigen Umfang stellt, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, eine nur unwesentliche Beeinträchtigung für die Benutzung des Grundstücks des Klägers dar. Die Hühner gackern zwar gelegentlich, dieses Geräusch von 4 Hühnern ist aber nicht wesentlich. Es ist darüberhinaus im wesentlichen in der Küche und im Garten des Klägers zu hören. Eine derartige Beeinträchtigung stört einen Nachbarn gewöhnlich nur unwesentlich. Das gleiche gilt für die Belästigung durch Vögel, besonders Spatzen, die zu dem Hühnerauslauf fliegen, weil sie durch das Hühnerfutter angelockt werden. Wenn der Kläger sich dadurch wesentlich in der Benutzung seines Grundstücks gestört fühlt, liegt dies an einer besonderen Sensibilität Sensibilität des Klägers, die nicht zu Lasten der grundsätzlich in der Nutzung ihres Grundstücks freien Nachbarn gehen kann. Dafür, daß die Beklagten von ihrem Recht zur Hühnerhaltung in dem jetzigen Umfang nur aus Schikane gegenüber dem Kläger Gebrauch machen (§ 226 BGB), liegen keine Anhaltspunkte vor.

Eine vertragliche, für die Beklagten bindende Vereinbarung über den Ausschluß der Hühnerhaltung hat der Kläger nicht dargetan. Auch wenn zwischen ihm und dem verstorbenen Ehemann der Beklagten zu 1) oder zwischen den Lotsen allgemein erklärtes Einverständnis darüber geherrscht haben sollte, daß die 1947 begonnene Hühnerhaltung nach einer Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse beendet werden sollte, kann in einer entsprechenden Erklärung der Nachbarn noch nicht der Abschluß eines entsprechenden Vertrages gesehen werden. Derart...

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