Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 27.06.2014; Aktenzeichen 1 BvR 910/14)

BGH (Urteil vom 17.12.2013; Aktenzeichen KZR 65/12)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Verurteilung der Beklagten zur Übertragung des Eigentums am örtlichen Stromversorgungsnetz.

Die Beklagte ist 100%ige Tochter der XXX und Rechtsnachfolgerin der XXX. Sie ist Eigentümerin des Stromversorgungsnetzes im Gebiet der Klägerin. Ihre Rechtsvorgängerin hatte mit der Klägerin am 17.12.1993 einen Wegenutzungsvertrag geschlossen, nach dessen Inhalt ihr die Klägerin das Recht einräumte, Anlagen für die unmittelbare öffentliche Versorgung von Letztverbrauchern mit Elektrizität im Gebiet der Gemeinde auf oder unter öffentlichen Wegen zu errichten und zu betreiben. Der Vertrag war für die Dauer von 20 Jahren abgeschlossen und sollte mit Wirkung vom 01.01.1989 in Kraft treten. § 9 des Vertrages lautet:

"1. Falls die Gemeinde nach Vertragsablauf das Vertragsverhältnis mit der XXX nicht fortsetzen will, ist die Gemeinde verpflichtet, die ausschließlich der Stromverteilung im Gemeindegebiet dienenden Anlagen zum Sachzeitwert zu übernehmen...

2. ...

3. Können sich die Vertragsparteien über den Sachzeitwert nicht einigen, so wird der Sachzeitwert der Anlagen durch Schiedsgutachter ermittelt..."

Wegen aller Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen.

Die Klägerin machte das Vertragsende am 30.12.2006 bekannt. Am folgenden Tag bekundete die Beklagte ihr Interesse an einer erneuten Konzessionierung und teilte der Klägerin auf deren Anforderung Netzdaten mit. Auch ein weiterer Bewerber bekundete sein Interesse. Im März 2008 stellte die Beklagte ihr Angebot der Stadtvertretung vor. Diese stellte im Folgenden bestimmte Anforderungen an das Angebot der Beklagten auf, u. a. eine 100%ige Übernahme der Folgekosten für künftige Veränderungen oder Umlegungen an den Versorgungsleitungen, eine Pflicht zur Erdverkabelung, Haftung für Schäden durch Versorgungsleitungen, die Übernahme einer Pflicht zum Rückbau stillgelegter Leitungen im Bedarfsfall sowie Endschaftsregelungen, falls die Stadt beabsichtigt, das Energieversorgungsnetz zu kommunalisieren. Wegen der Einzelheiten wird auf das Besprechungsprotokoll der Beklagten vom 02.04.2008, Anlage B 8, Bezug genommen. Die Beklagte passte ihr Angebot diesen Anforderungen an.

Mit Stadtratsbeschluss vom 11.12.2008 entschied die Klägerin jedoch, keinem der Bewerber den Abschluss eines Konzessionsvertrages für das Stromverteilungsnetz anzubieten, sondern dieses zu "rekommunalisieren". Die Aufgabe zum Betrieb des Stromverteilungsnetzes sollte eigenen Stadtwerken in der Rechtsform eines noch zu gründenden Eigenbetriebes übertragen werden. In der amtlichen Bekanntmachung der Entscheidung heißt es zur Begründung:

"Durch die Konzessionierung der Stadtwerke Hxxx als Eigenbetrieb der Stadt Hxxx wird der Stromnetzbetrieb der allgemeinen Versorgung im Stadtgebiet kommunalisiert. Die Stadt erwirbt hierdurch den größtmöglichen Einfluss auf den Betrieb des Stromverteilungsnetzes. Die Stadt Hxxx ist davon überzeugt, dass durch die Konzessionierung der Stadtwerke für die Zukunft bessere Konditionsbedingungen (z.B. Einfluss der Stadt auf strategische Entscheidungen und auf das Netzeigentum, auch nach Ablauf der Konzessionierung, Flexibilität) erzielt werden können, als diese von den konkurrierenden Bewerbern angeboten wurden.

Die Stadt Hxxx ist sich sicher, mit der Entscheidung für die Stadtwerke Hxxx die besten Voraussetzungen für eine zuverlässige, preisgünstige und umweltgerechte Stromversorgung geschaffen zu haben".

Die Parteien führten im Anschluss daran Verhandlungen über eine Netzübernahme, konnten jedoch keine Einigkeit über den Umfang der zu übereignenden Anlagen und den zu zahlenden Kaufpreis erzielen. Die Beklagte verlangte den Sachzeitwert, die Klägerin dagegen vertritt die Auffassung, nur den Ertragswert zu schulden, soweit der Sachzeitwert den Ertragswert nicht unerheblich übersteigt.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, ihr stehe sowohl aus § 9 des Wegenutzungsvertrages als auch aus § 46 Abs. 2 EnWG ein Anspruch auf Übereignung der in ihrem Stadtgebiet vorhandenen Niederspannungsleitungen sowie derjenigen Mittelspannungsleitungen, die überwiegend der Versorgung von Letztverbrauchern im Stadtgebiet dienten, zu. Die Regelung in § 9 des Wegenutzungsvertrages vom 17.12.1993 beinhalte nicht nur ein Andienungsrecht der Beklagten, sondern auch ein Erwerbsrecht für sie, die Stadt. Die dort getroffene Regelung über den Sachzeitwert sei kartellrechtswidrig, falls der Ertragswert des Netzes deutlich unter diesem Wert liege. Denn dann wirke der nach dem Sachzeitwert bemessene Kaufpreis prohibitiv und verhindere einen wirksamen Wettbewerb um die Netze. In diesem Fall müsse der Kaufpreis nach dem Ertragswert bemessen wer...

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