Leitsatz (amtlich)

Ein Wertpapierhandelshaus ist aufgrund Anlageberatungsvertrages verpflichtet, über alle Innenprovisionen, die ihm aufgrund des Vertriebes der Anlage zufliesen, dem Grunde und der Höhe nach aufzuklären. Die Aufklärungspflicht ist nicht auf solche Innenprovisionen beschränkt, die aus einem Ausgabeaufschlag o.ä.Mitteln, die der Anleger zusätzlich zum Kaufpreis zahlt, aufgebracht werden (Abgrenzung zu BGH Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08; OLG Stuttgart Urt. v. 12.05.2010 - 3 U 200/09).

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10 590,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins auf 11 627,85 EUR für die Zeit vom 11.7.2009 bis zum 10.9.2009 und auf 10 590,71 EUR seit dem 12.7.2009 zu zahlen, Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus nominal EUR 12 000 ... Inhabergenussschein .... mit der amtlichen ....

  • 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe der angenommenen Zuwendungen Dritter im Zusammenhang mit der Vermittlung der vom Kläger erworbenen Genussscheine der ... Inhabergenussschein ... mit der amtlichen ..., nominal 12 000 EUR, zu geben.

  • 3.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 980 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der ... hierauf seit dem 12.2.2010 zu zahlen.

  • 4.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 1 025,30 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der ... hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

  • 5.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Gegenleistung zu Ziffer 1 im Annahmeverzug befindet.

  • 6.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 7.

    Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 16 %, die Beklagte 84 %.

  • 8.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzung eines Anlageberatungsvertrages. Die Beklagte, ein Wertpapierhandelshaus, betreibt gewerbsmäßig Anlageberatung und ist im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis nach dem Wertpapierhandelsgesetz. Sie bietet in Zusammenarbeit mit einem Kreditinstitut, der ..., u.a. hochverzinsliche Tagesgeldkonten sowie Anlageberatung und Vermögensverwaltung an.

Der Kläger wandte sich im Dezember 2006 an die Beklagte und eröffnete dort ein Tagesgeldkonto, ein sog. .... In diesem Rahmen füllte er auch einen Analysebogen über insbesondere seine Erfahrung und seine Risikobereitschaft bei Wertpapiergeschäften aus (Anlage B 2, Bl. 40 d. A.). Dabei stufte er sich in die Risikoklasse 3 ein. Diese ist wie folgt definiert:

Anlageziel: Meine Ertragserwartungen gehen über das marktübliche Zinsniveau hinaus, die Risikobereitschaft ist gesteigert.

Risiken: Höhere Kursschwankungen aus Aktien-, Zins- und Währungsentwicklungen

Chance: Erwirtschaftung einer langfristigen Rendite.

Als Anlageziele kreuzte er an

Altersvorsorge/Familienvorsorge und Vermögensaufbau.

In der nächsthöheren Risikoklasse 4, in der er sich nicht einstufte, hätte die Beschreibung der Risiken gelautet:

Starke Verluste in bestimmten Marktphasen sind möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Risikobogen (Anlage B 2, Bl. 40 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 28.2.2007 (Anlage K 3, Bl. 17 d. A.) die Eröffnung eines sog. .... Mit Schreiben vom 24.5.2007 (Anlage K 5, Bl. 19 d. A.) bot sie dem Kläger ein sog. Zins-Kombi-Konto an, bei dem es sich um eine Kombination aus einem besonders verzinsten Tagesgeld mit einer Verzinsung von 5,5 % p.a. und dem Erwerb eines Genussscheines der Firma ... handelte, für welchen eine Ausschüttung von 9,50 % p. a. prognostiziert war.

Der vorgenannte Genussschein der ... war von dem Anlageausschuss der Beklagten in Risikoklasse 3 eingruppiert worden.

Am 27.06.2007 kam es zu einem Telefongespräch zwischen dem Kläger und einem Berater der Beklagten, dem Zeugen ..., in dem die Beklagte eine Anlageberatung durchführte. Darin erteilte der Kläger den Auftrag, für ihn Genussscheine der ... im Nominalwert von 12 000,00 EUR zu erwerben. Der Auftrag wurde im Rahmen der Eröffnung eines sog. Zins-Kombi-Kontos mit einem Gesamtbetrag von 24 000,00 EUR erteilt, von dem 50 %EUR (12 000,00 EUR) als subventioniertes Tagesgeld angelegt werden sollten und weitere 50 % (12 000,00 EUR) in vorgenanntem Genussschein investiert werden sollten. Für den Kauf der Genussscheine wurde ein Limit von 104,25 gesetzt (Anlage B3, Bl. 41 d.A.).

Der Auftrag wurde am 29.06.2007 ausgeführt. Die Genussscheine (...) wurden außerbörslich zum Kurs von 104,25 erworben. Dem Kläger entstanden dadurch Aufwendungen in Höhe von insgesamt 12 572,55 EUR (Anlage K 1, Bl. 16 d. A.).

Die Beklagte erhielt von der Emittentin, der ..., für die Vermittlung des Genussscheines eine Vertriebsprovision in Höhe von 10 % des Nominalwerts der Genussscheine.

Über diese Vertriebsprovisionen hat sie den Kläg...

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