Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentum: Beseitigung einer Balkontrennwand

 

Leitsatz (amtlich)

Die Errichtung der Trennwand auf dem Balkon eines Wohnungseigentümers stellt eine bauliche Veränderung dar. Diese beeinträchtigt die Rechte des benachbarten Wohnungseigentümers über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus, weil sie den bislang offenen und weiträumigen Charakter des Balkons verändert und dort eine Atmosphäre der Abgeschlossenheit schafft.Die Berufung wurde zurückgenommen.

 

Tenor

In dem Rechtsstreit … weist die Kammer nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf Folgendes hin:

Die Berufung hat nach Auffassung der Kammer keine Aussicht auf Erfolg; im Übrigen hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts.

 

Gründe

1. Die Klägerin kann Beseitigung der Balkontrennwand und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, 14 Nr. 1 WEG verlangen. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei der streitbefangenen Balkonabtrennung um eine bauliche Veränderung i. S. des § 22 Abs. 1 WEG. Bauliche Veränderungen sind auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, die vom Aufteilungsplan oder vom früheren Zustand des Gebäudes nach Fertigstellung abweichen (Schmid/Kahlen, Wohnungseigentumsrecht, 2007, § 22 Rn 6; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Aufl. 2007). Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten befindet sich die auf seinem Balkon errichtete Abtrennung nicht in seinem Sondereigentum. Nach § 5 Abs. 1 a.E. WEG sind zu Räumen des Sondereigentums gehörende Bestandteile nur dann Gegenstand des Sondereigentums, wenn sie verändert werden können, ohne dass hierdurch die äußere Gestalt des Gebäudes verändert wird (BayObLG, Beschl. v. 15.02.1984, 2 Z 111/83, WuM 1985, 31, 32). Die Errichtung der Trennwand auf dem Balkon des Beklagten verändert die äußere Gestalt des Gebäudes jedenfalls aus Sicht des Sondereigentums der Klägerin (vgl. BayObLG a.a.O.; Staudinger/Bub, WEG, 13. Bearb. 2005, § 22 Rn. 106). Der Klägerin wird hierdurch der freie Ausblick von ihrem Balkon aus über den Balkon des Beklagten hinweg in die Umgebung des Gebäudes verstellt. Auf den optischen Eindruck des Gesamtgebäudes von außen kommt es insoweit nicht an.

Durch die bauliche Veränderung werden die Rechte der Klägerin auch über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt (vgl. §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 14 Nr. 1 WEG). Hatte die Klägerin zunächst eine freie Aussicht seitlich über den Balkon des Beklagten hinweg, blickt sie nunmehr vor die Trennwand. Unerheblich ist das Vorbringen des Beklagten, die Aussicht der Klägerin bestehe ohnehin nur auf die anderen Apartmenthäuser und auf die A-Straße sowie die dort befindlichen Parkplätze. Allein die Einengung des Blickwinkels zu der betreffenden Seite hin verändert den bislang offenen und weiträumigen Charakter des Balkons und schafft dort eine Atmosphäre der Abgeschlossenheit. Indessen kommt es auf den von dem Beklagten so empfundenen Vorteil des besseren Sichtschutzes im Bereich seines Sondereigentums nicht an. Ein solcher war bei Erwerb des Wohnungseigentums nicht vorhanden, so dass nicht ersichtlich ist, weswegen der Beklagte ihn nunmehr beanspruchen könnte.

2. Selbst wenn man mit dem Beklagten die Auffassung vertritt, dass hier mangels Einwirkung auf das Gemeinschaftseigentum keine bauliche Veränderung vorliege, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch Veränderungen im Bereich des Sondereigentums sind nach § 14 Nr. 1 WEG unzulässig, wenn dadurch einem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (Drabek in: Riecke/Schmid, FachAnwK WEG, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn 1). Einen solchen Nachteil erblickt die Kammer jedenfalls darin, dass durch die Trennwand die Ausblickverhältnisse auf dem Balkon der Wohnung der Klägerin sowie in dem dahinter belegenen Wohnraum verändert werden. Es kann insoweit auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden.

Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2146256

Info M 2008, 232

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