Verfahrensgang

AG Hannover (Entscheidung vom 24.05.2011)

 

Tenor

Unter Verwerfung der sofortigen Beschwerde wird der angefochtene Beschluß dahingehend abgeändert, daß die dem Betroffenen aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Hannover vom 24.5.2011 von der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf

130,90 EUR

festgesetzt werden.

Der Betroffene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht Hannover die dem Betroffenen aufgrund des Urteils vom 24.5.2011 zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 178,50 EUR festgesetzt, und zwar - neben der Postpauschale in Höhe von 20,00 EUR - die Grundgebühr Nr. 5100 VV RVG auf 20,00 EUR, die Verfahrensgebühr Nr. 5103 VV RVG auf 30,00 EUR, die Verfahrensgebühr Nr. 1509 VV RVG auf 30,00 EUR und die Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG auf 50,00 EUR. Der Verteidiger hatte die Gebühren mit 85,00, 135,00, 135,00 und 215,00 EUR in Ansatz gebracht, die Postpauschale mit 40,00 EUR und zusätzlich Auslagen für Akteneinsicht in Höhe von 12,00 EUR. Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß gerichtete sofortige Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, die Kriterien des § 14 RVG seien nicht unterdurchschnittlich. Die ständige Rechtsprechung des Landgerichts Hannover, der zufolge eine durchschnittliche Hauptverhandlung dann vorliege, wenn sie zwischen 1 und 1,5 Stunden dauere und 3 bis 4 Zeugen vernommen würden, sei nicht zu folgen. Es sei im übrigen Angelegenheit des Verteidigers Art und Umfang der Verteidigung zu bestimmen; weder durch den Kostenbeamten noch durch das Gericht sei die Notwendigkeit einer Maßnahme - wie etwa der Einholung eines Sachverständigengutachtens - zu bewerten. Bei der Terminsgebühr sei auch die Vorbereitungszeit des Verteidigers in Rechnung zu stellen. Außerdem sei der Ansatz der Mittelgebühren gerechtfertigt, wenn ein Fahrverbot oder Eintragungen in das Verkehrszentralregister in Frage ständen; in diesem Falle habe der Betroffene wegen einer weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem höheren Bußgeld rechnen müssen. Zur Höhe der Gebühren bezieht der Verteidiger sich auf Entscheidungen des Landgerichts Dessau-Roßlau und der Amtsgerichte Frankenthal, Andernach und Fürstenwalde.

Zu der sofortigen Beschwerde hat der Bezirksrevisor bei dem Amtsgericht Hannover wie folgt Stellung genommen:

"Der Beschwerde kann nicht gefolgt werden. Mit Einführung des RVG wurden für Bußgeldverfahren 3 Gebührenrahmen eingeführt, wobei unterschieden wird nach

a)

weniger als 40 EUR Bußgeld (mit deutlich abgesenkten Gebühren).

b)

40 - 5.000,00 EUR Bußgeld,

c)

über 5.000,00 EUR Bußgeld.

Die Bußgeldhöhe bestimmt zunächst, welcher Gebührenrahmen maßgeblich ist. Sonderregelungen für Verkehrs-OWi-Verfahren wurden nicht eingeführt. Vielmehr gilt der hier anzuwendende mittlere Gebührenrahmen für Bußgeldverfahren aller Art. Also auch für Verfahren aus dem Wirtschafts-, Umwelt- oder Steuerrecht.

Die Einordnung des einzelnen Verfahrens in die Gebührenrahmen anhand der Kriterien nach § 14 RVG kann nur vorgenommen werden, wenn mittels Vergleichs mit anderen Verfahren Bezugsgrößen ermittelt werden. Ein verweis bzw. ein Vergleich mit anderen Bußgeldverfahren ist daher gerechtfertigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Amts- und des Landgerichts Hannover kommt eine Erstattung von Mittelgebühren grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn alle Bemessungskriterien des § 14 RVG als durchschnittlich einzuordnen sind (Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 19. Aufl. § 14 Rn 10). Im RVG gibt es keine Norm, nach der es untersagt ist, bei Rahmengebühren die Mindestgebühr als erstattungsfähig anzusehen. Im übrigen liegt es in der Natur der Sache, daß diese bei Vorliegen der Voraussetzungen im Mindestbereich angesiedelt werden.

aus der Landeskasse sind die vom Anwalt bestimmten Gebühren nur dann zu erstatten, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 14 I 4 RVG).

Hinsichtlich der vom Anwalt zitierten Rechtsprechung wird darauf hingewiesen, daß es insoweit gefestigte Rechtsprechung des Landgerichts Hannover gibt, der im hiesigen Bezirk Bindungswirkung zukommt.

Die Bemessung der Gebührenhöhe richtet sich wie bei allen Rahmengebühren nach den vier Kriterien des § 14 RVG.

Einkommens- und Vermögensverhältnisse:

Das Einkommen des Betroffenen ist nicht bekannt und bleibt als Gebührenbemessungskriterium außer Betracht.

Bedeutung der Angelegenheit:

a)

Nr. 5100 VV RVG

Die Grundgebühr gilt für Bußgeldverfahren aller Art, in denen Bußgelder bis 500.000 EUR verhängt werden können.

b)

Nr. 5103 und 5109

Diese Gebührenrahmen gelten ebenfalls für Bußgeldverfahren aller Art mit Bußgeldern von 40,00 EUR bis 5.000,00 EUR

c)

5110 VV RVG

Dieser Gebührenrahmen gilt ebenfalls für Bußgeldverfahren aller Art mit Bußgeldern von 40,00 EUR bis 5000,00 EUR

Das drohende Bußgeld von 70,00 Euro bewegt sich am unteren Rand der Gebührenrahmen. Es ist insoweit von einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit auszugehen, da die Geldbuße weniger als 250,00 EUR beträgt (OLG Celle, Nds. Rpfl., 08, 351) Ein Fahrverbot drohte nicht. Eine Gefährdun...

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