Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 13. Juli 2001 wird bestätigt.

Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ist die berufsständische Organisation der im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamburg zugelassenen Rechtsanwälte (§ 60 BRAO). Sie nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in Anspruch.

Die Antragsgegnerin betätigt sich als Immobilienmaklerin. Sie befasst sich gewerbsmäßig mit der Vermittlung, Vermietung und Verwaltung von Miet- und Gewerbeobjekten. Sie verfügt nicht über eine behördliche Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz.

Die Antragsgegnerin wurde von einer Mieterin beauftragt, einen Nachfolgemieter für die von ihr gemietete Wohnung zu suchen. Im Rahmen dieses Auftrages überprüfte die Antragsgegnerin die Angemessenheit der Höhe des Mietzinses. Sodann richtete die Antragsgegnerin ein auf den 26.6.2001 datiertes Schreiben an den Vermieter der Wohnung (vgl. Anlage ASt 1). In dem Schreiben wurde ein angeblich bestehender Anspruch auf Rückzahlung von zuviel gezahltem Mietzins geltend gemacht. Dabei erfolgte die Berechnung der angeblich zuviel gezahlten Miete durch eine Gegenüberstellung der tatsächlich gezahlten Miete mit der – anhand verschiedener Kriterien ermittelten (Größe der Wohnung/Zulässigkeit nach Mietenspiegel) – angeblich zulässigen Höhe des Mietzinses.

Im Einzelnen hieß es in dem Schreiben weiter:

„Im Ergebnis bleibt festzustellen, daß die Mieterin sowohl nach dem Mietenspiegel als auch bei der Berechnung der Mietfläche übervorteilt worden ist, ihre Mieterin hat Überlegungen angestellt, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, die Angelegenheit straf- und zivilrechtlich zu verfolgen.

Von einer derartigen Maßnahme haben wir abgeraten und vorgeschlagen, die Angelegenheit streitlos zu halten, indem ein außergerichtlicher Vergleich wie folgt geschlossen wird.”

Es folgt der „außergerichtliche Vergleichsvorschlag”, der unter anderem eine Mietzins-Rückzahlung des Vermieters, den Verzicht der Mieterin auf die Erstattung einer Strafanzeige sowie die Beendigung des Mietverhältnisses beinhaltet.

Das Schreiben trug den Briefkopf der Antragsgegnerin und war von dieser und der Mieterin unterschrieben worden.

Die Antragstellerin erlangte von dem genannten Schreiben Kenntnis durch Schreiben eines ihrer Mitglieder vom 27.6.2001 (vgl. Anlage ASt 2), des Rechtsanwalts, der vom Vermieter nach Erhalt des oben dargestellten Schreibens eingeschaltet wurde. Sie mahnte daraufhin die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 5.7.2001 ab und forderte sie unter Fristsetzung auf, eine beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (vgl. Anlage ASt 3). Dies tat die Antragsgegnerin in der Folgezeit nicht.

Daraufhin erwirkte die Antragstellerin den Erlass der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 13.7.2001, mit welcher der Antragsgegnerin – der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung – unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel

verboten wurde,

geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung zu besorgen und/oder dies anzubieten, solange nicht eine dazu von der zuständigen Behörde erforderliche Erlaubnis gem. Art. 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz erteilt ist.

Gegen die einstweilige Verfügung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch.

Sie ist der Ansicht, die von ihr durchgeführte Beratung sei im Rahmen des Art. 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz erfolgt. Die Mieterin habe sie damit beauftragt, einen Nachmieter für ihre Wohnung zu suchen. Hierbei habe die Antragsgegnerin die Mieterin dahingehend beraten, dass der Vermieter einen Mietzins verlange, der nach § 5 WiStG nicht zulässig sei und zu diesen Mietzinsen die Weitervermietung bzw. weitere Untervermietung nicht möglich sein werde. Die Mieterin habe die Antragsgegnerin als Auftraggeberin gebeten, den Vermieter entsprechend anzuschreiben und die zuviel bezahlten Mieten zurückzufordern. Die Rückforderung selbst habe jedoch die Mieterin vorgenommen, da sie das streitgegenständliche Schreiben unterschrieben habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags.

Die Antragstellerin beantragt

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die ohne Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz durch die Antragsgegnerin angebotene und praktizierte Rechtsbesorgung in Form der Geltendmachung von Forderungen gegenüber Dritten sowie der vergleichsweisen Erledigung dieser, stelle einen Verstoß gegen Artikel 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz dar. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf die Ausnahmeregelung des Art. 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz berufen, da die angegriffene Maßnahme nicht notwendig und untrennbar mit der Tätigkeit eines Immobilienmaklers zusammenhänge, der einen Nachmieter vermitteln solle.

Der Unterlassungs...

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