Verfahrensgang

AG Hamburg (Urteil vom 02.08.2018; Aktenzeichen 40a C 45/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 02.08.2018, Az. 40a C 45/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.570,21 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird zunächst Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 02.08.2018.

Der Kläger begehrt Nachzahlung von aufgrund Baulärms geminderter Mieten (1 × 42,59 EUR + 4 × 170,37 EUR + 17 × 167,42 EUR = 3.570,21 EUR).

Der Kläger ist Vermieter, die Beklagten sind Mieter von zwei Wohnungen E. Chaussee …, 3. OG links und 3. OG Mitte. Die Gesamtmiete für beide Wohnungen beträgt monatlich 1.326,48 EUR brutto. Der Mietvertrag über die Wohnung im 3. OG links (ca. 63 qm) besteht seit 21.07.1992, der Mietvertrag über die Wohnung im 3.OG Mitte (ca. 50 qm) wurde am 27./30.04.2008 geschlossen. Abreden über die Beschaffenheit des Umfelds sind in den Mietverträgen nicht getroffen worden.

Auf dem Nachbargrundstück wurde im streitgegenständlichen Zeitraum ein mehrstöckiges Gebäude abgerissen und anschließend wurde dort ein neues mehrstöckiges Gebäude errichtet. Es handelte sich um das direkt angrenzende Nachbarwohnhaus zum streitgegenständlichen Mietshaus. Die Bauarbeiten sind unstreitig.

Der Kläger legte am 05.04.2016 einen baurechtlichen Nachbarwiderspruch gegen die erteilten Baugenehmigungsbescheide ein, der erfolglos blieb.

Die Bauarbeiten begannen am 25.04.2016.

Seit der letzten Woche im April 2016 bis Januar 2018 kürzten die Beklagten die Miete aufgrund Baulärms vom Nachbargrundstück (April 2016: 42,59 EUR, Mai, Juni, Juli und August 2016: je 170,37 EUR, ab September 2016 monatlich 167,42 EUR bis einschließlich Januar 2018). Die Minderungsbeträge entsprechen einer Minderungsquote von 15 % bei der direkt zur Baustelle gelegenen Wohnung im 3. OG links sowie von 10 % bei der Wohnung in der Mitte.

Mit Schreiben vom 28.02.2017 wandte sich der Kläger außerdem an die Streitverkündete (Eigentümerin des Nachbargrundstücks) und forderte diese zum Ausgleich der Minderungsbeträge der Mieter auf. Mit Schreiben vom 06.04.2017 lehnte die Streitverkündete die Zahlung einer Entschädigung ab. Außergerichtliche Einigungsversuche mit der Streitverkündeten über Entschädigungszahlungen blieben ohne Erfolg.

Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund der sog. Bolzplatzentscheidung des BGH (Urteil vom 29.04.2015, XIII ZR 197/14) stehe fest, dass nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen in Ermangelung einer (negativen) mietvertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung keinen Mangel darstellten. Dasselbe wie für Sportplätze gelte für innerstädtische Bauvorhaben. Die Klägerin meint, weil sich der Vermieter hiergegen nicht wehren könne, seien die für die Vergangenheit geminderten Beträge nachzuzahlen.

Die Beklagten sind der Ansicht, der Kläger müsse die Baumaßnahmen auf dem Nachbargrundstück nicht entschädigungslos hinnehmen. Der Kläger trage hierzu nicht konkret vor. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kläger die konkreten Maßnahmen nachbarrechtlich entschädigungslos hinnehmen müsse, liege beim Kläger.

Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die Bauarbeiten und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen seien unstreitig bzw. nicht substantiiert bestritten. Der Kläger als Vermieter könne sich nicht darauf berufen, dass auch die Beklagten als Mieter die Neubebauung im innerstädtischen Bereich hinzunehmen hätten, weil der Vermieter keinen Einfluss auf die Bebauung des Nachbargrundstücks habe. Der Kläger habe die Möglichkeit, den Eigentümer des Nachbargrundstücks wegen Besitzstörung auf Entschädigung in Anspruch zu nehmen. Die Minderungsquote erscheine moderat.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Berufung.

Der Kläger meint, das Amtsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass er keine Möglichkeit gehabt habe, das Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück zu verhindern. Er meint, bereits dies führe dazu, dass den Mietern kein Minderungsrecht zustehe. Nachträgliche Lärmbelästigungen durch ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück begründeten in einer Großstadt nach Auffassung des Klägers und in Fortführung der sog. Bolzplatzentscheidung des BGH grundsätzlich keinen Mietmangel. Der Kläger behauptet weiter, er hätte die Mietverträge so nicht abgeschlossen, wenn er für jedwede Umfeldveränderung, auf die er keinerlei Einfluss habe, hätte gewährleistungspflichtig sein sollen. Kein wirtschaftlich vernünftiger Vermieter hätte den Beklagten garantiert, dass der neben dem Haus befindliche Altbau nicht eines Tages abgerissen und durch einen modernen und größeren Neubau ersetzt werde. Die Beklagten, die sich für den Reiz der Innenstadtlage entschieden...

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