Leitsatz (amtlich)

Bei Ungezieferbefall einer Wohnung mit einem Vorratsschädling müssen die Mieter nachweisen, dass sie den Befall nicht zu vertreten haben, wenn bereits der erste Anschein gegen eine bauseitige Ursache spricht

 

Verfahrensgang

AG Hamburg-Blankenese (Urteil vom 20.10.1999; Aktenzeichen 508 C 322/99)

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 20. Oktober 1999 (508 C 322/99) wird zurückgewiesen.

II. Die Kostendes Berufungsverfahrens tragen die Kläger nach einem Wert in Höhe von DM 9.110,28.

 

Gründe

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, jedoch der Sache nach unbegründet.

Den Klägern steht gegenüber der Beklagten im Hinblick auf den geltend gemachten Ungezieferbefall in ihrer von der Beklagten gemieteten Wohnung kein Anspruch aus § 812 BGB i.V.m. § 537 Absatz 1 BGB bzw. auf Schadensersatz aus § 538 BGB zu.

Allerdings kann sich die Beklagte gegenüber den von den Klägern verfolgten Ansprüchen nicht auf die Klausel gemäß Nr. 5. Absatz 1 ihrer AVB berufen, wonach die Ungezieferbekämpfung innerhalb der überlassenen Räume Sache des Mieters sei. Denn diese hinsichtlich der Ursächlichkeit des Befalls nicht differenzierende Klausel ist gemäß § 9 AGBG unwirksam (vgl. etwa Schmidt-Futterer/Langenberg, 7. Aufl., § 548 BGB Rdnr. 30 m.w.N.), wie dies auch das Amtsgericht im angefochtenen Urteil zutreffend erkannt hat.

Richtig ist auch im übrigen der rechtliche Ansatz des Amtsgerichts, wonach, da es Sache des Mieters ist, gemietete Räume so zu reinigen und zu lüften, daß sich in der Wohnung kein Ungeziefer ausbreiten kann (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, § 550 BGB Rdnr. 37), hinsichtlich der Ursächlichkeit eines Ungezieferbefalls sowohl bauseitige Ursachen aus der Sphäre des Vermieters als auch vom Mieter zu vertretene Ursachen in Betracht kommen. Ist demnach – wie auch vorliegend – streitig, ob die Ursache für den Ungezieferbefall in der Wohnung aus der Sphäre des Vermieters oder des Mieters stammt, so muß der Vermieter zunächst – entsprechend den vergleichbaren, bei Feuchtigkeitsschäden von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätzen der Beweislastverteilung (vgl. hierzu etwa Sternel, Mietrecht Aktuell, 3. Aufl. Rdnr. 362) – die Möglichkeit einer aus seinem Verantwortungs- und Pflichtenkreis herrührenden Schadensursache ausschließen. Für diese zunächst dem Vermieter obliegende Beweisführung können auch Beweisanzeichen gewürdigt werden (vgl. Sternel a.a.O. Rdnr. 363; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. II Rdnr. 628).

Vorliegend spricht nach dem im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen Stenglein nach Auffassung des erkennenden Gerichts zumindest ein erster Anschein dafür, daß der in Rede stehende Ungezieferbefall nicht bauseitig verursacht wurde, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine unbewußte Einschleppung über Vorratsgüter zurückzuführen ist. Bauseitige Mängel hat der Sachverständige Stenglein nicht festgestellt. Das gesamte Objekt ist nach dem Gutachten des Sachverständigen sowohl außen als auch innen in einem guten Zustand. Die Wohnräume sind alle renoviert und es konnten auch keine auffälligen Ritzen oder Fugen festgestellt werden, die den Schädlingsbefall begünstigen würden. Weiterhin hat der Sachverständige plausibel dargelegt, daß es sich bei Trogoderma angustum um einen Voratsschädling handelt, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über Nahrungsmittel, wie z. B. Getreide und Getreideprodukte bzw. Hunde- und Katzenfutter in den Wohnbereich eingeschleppt worden ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß in dem Haushalt der Kläger eine Katze lebt. Ergänzend hat der Sachverständige Stenglein anläßlich seiner mündlichen Anhörung im Termin vom 3. Februar 1999 ausgeführt, daß – da die Larven und Käfer das erste Mal im November 1997 im Schlafzimmer der Wohnung im Bettkasten aufgefunden worden sind und dort sich auch Kuscheltiere befanden – einiges dafür spricht, daß der Schädling sich im Bettkasten und Schutz der Kuscheltiere vermehrt hat. Auch diese Gedankenführung leuchtet durchaus ein. Mängel, die ausnahmsweise die Einholung eines neuen Gutachtens als geboten erscheinen lassen könnten (§ 412 ZPO), sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger vortragen, daß die Schädlinge weder durch ihre Katze, noch durch die Arbeitskleidung der Kläger noch durch Futter eingeschleppt worden seien, können aus dieser Behauptung keine konkreten Mängel des Gutachtens des Sachverständigen Stenglein abgeleitet werden.

Nach alledem hat sich die Beklagte als Vermieterin ausreichend entlastet, daß die Ursache des Ungezieferbefalls nicht ihrem Obhuts- und Gefahrenbereich entstamme, so daß die Kläger als Mieter nachweisen müssten, daß sie den Ungezieferbefall nicht zu vertreten haben (vgl. etwa Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 537 BGB Rdnr. 315). Dieser Beweis ist den Klägern indes nicht gelungen:

Daß bereits vor dem Herbst 1997 in der Wohnung der Nachbarn Woisin gerade die hier in Rede stehenden Speckkäfer (T...

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