Leitsatz (amtlich)

Beliefert ein Apotheker zur Entlassung anstehende Patienten einer Universitätsklinik mit Medikamenten, nachdem er jeweils durch eine GmbH, an der die Universitätsklinik zu 40% beteiligt ist, eine entsprechende Anforderung durch Telefaxübermittlung des Rezepts erhalten hat, so liegt darin auch dann kein Verstoß gegen das in § 11 ApoG festgeschriebene Verbot unzulässiger Absprachen, wenn der Apotheker mit der GmbH eine auf längere Dauer angelegte Kooperationsabrede geschlossen hat, sofern die GmbH weder mit den Ärzten der Universitätsklinik noch mit dem Kooperationsapotheker in einer Weise verbunden ist, die Zweifel an der Unabhängigkeit der Berufsausübung des verschreibenden Arztes oder des liefernden Apothekers begründen kann.

Ob dies der Fall ist, hängt maßgeblich davon ab, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die GmbH als unabhängige Mittlerin zwischen Arzt und Apotheker tritt, ohne die wirtschaftlichen oder berufsgruppenspezifischen Interessen einer Seite zu teilen oder zu fördern.

 

Orientierungssatz

Beliefert ein Apotheker zur Entlassung anstehende Patienten einer Universitätsklinik mit Medikamenten, nachdem er jeweils durch eine GmbH, an der die Universitätsklinik zu 40% beteiligt ist, eine entsprechende Anforderung durch Telefaxübermittlung des Rezepts erhalten hat, so liegt darin auch dann kein Verstoß gegen das in § 11 ApoG fest-geschriebene Verbot unzulässiger Absprachen, wenn der Apotheker mit der GmbH eine auf längere Dauer angelegte Kooperationsabrede geschlossen hat, sofern die GmbH weder mit den Ärzten der Universitätsklinik noch mit dem Kooperationsapotheker in einer Weise verbunden ist, die Zweifel an der Unabhängigkeit der Berufsausübung des verschreibenden Arztes oder des liefernden Apothekers begründen kann. Ob dies der Fall ist, hängt maßgeblich davon ab, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die GmbH als unabhängige Mittlerin zwischen Arzt und Apotheker tritt, ohne die wirtschaftlichen oder berufsgruppenspezifischen Interessen einer Seite zu teilen oder zu fördern.

 

Normenkette

Apothekergesetz § 11 Abs. 1; ApoBO BW § 12

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.03.2014; Aktenzeichen I ZR 120/13)

 

Tenor

  • 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • 2.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Die Parteien, die beide in F. eine Apotheke betreiben, streiten wettbewerbsrechtlich über die Frage, ob der Beklagte gegen geltendes Apothekenrecht verstoßen hat, indem er in Zusammenarbeit mit der P. GmbH Medikamente an Patienten der Universitätsklinik F. geliefert hat.

Im Jahr 2002 wurde die P. GmbH gegründet, die zu einem Anteil von 40% von der Universitätsklinik F. und im Übrigen von drei Sanitätshäusern gehalten wird. Der Geschäftszweck der P. GmbH besteht darin, Patienten der Universitätsklinik F., deren Entlassung bevorsteht, über ihre weitere Behandlung und Versorgung zu unterrichten, die nötige sächliche Ausstattung zu beschaffen, den Patienten bei der Benutzung technischer Hilfsmittel anzuleiten und weitere Beratungs- und Organisationshilfe zu gewähren. Patienten der Universitätsklinik F. erhalten bereits im Behandlungsvertrag die Frage vorgelegt, ob sie mit der Einschaltung der P. GmbH einverstanden sind. Wünscht ein Patient die Einschaltung der P. GmbH und bedarf er bei seiner Entlassung eines Medikaments, so liefert eine Kooperationsapotheke der P. GmbH, der das Rezept per Fax übermittelt worden ist, das Medikament ans Krankenbett. Der Beklagte betreibt eine solche Kooperationsapotheke. Der genaue Ablauf und der Verbleib des Originalrezepts sind zwischen den Parteien im Einzelnen streitig. Ebenso streitig ist die genaue personelle und sächliche Ausstattung der P. GmbH.

Die Klägerin trägt vor,

der Beklagte habe mit der Uniklinik F. bzw. der P. GmbH Absprachen über die Zuweisung von Rezepten getroffen. Durch die jeweilige Station der Uniklinik erhalte der Beklagte ein ärztliches Rezept per Fax übermittelt. Wenn der Beklagte oder sein Mitarbeiter das Medikament ans Krankenbett liefere, was die Uniklinik F. zulasse, werde ihm das Originalrezept ausgehändigt. Das Originalrezept befinde sich in den Händen der Stationsmitarbeiter, nicht beim Patienten. In diesem Vorgehen liege ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 ApoG, weil in der Kooperation eine Absprache über die Zuweisung von Verschreibungen zu sehen sei. Selbst wenn der Beklagte die Verschreibungen nicht vom behandelnden Personal der Uniklinik, sondern von Mitarbeitern der P. GmbH erhalte, stehe dies der Annahme einer Absprache nicht entgegen. Denn die P. GmbH sei mit dem Universitätsklinikum F. so eng verbunden, dass sie als bloßer Mittelsmann zu qualifizieren sei. So arbeite die P. GmbH in Räumen der Uniklinik. Die P. GmbH verfüge auch nicht über eigene Mitarbeiter, sondern werde über Mitarbeiter des Universitätsklinikums tätig. Dieser Rechtsverstoß werde durch die Einverständniserklär...

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