Leitsatz (amtlich)

Beschlussersetzungsklagen, die bereits vor dem 1.12.2020 anhängig waren, sind entsprechend § 48 Abs. 5 WEG gegen die übrigen Eigentümer fortzuführen, materiell ist allerdings das seit dem 1.12.2020 geltende Recht anzuwenden.

Die in § 20 Abs. 2 WEG aufgeführten privilegierten Maßnahmen sind abschließend, ein Split-Klimagerät fällt nicht darunter. Im Regelfall ist die Installation eines derartigen Gerätes mit einem Nachteil iSv § 20 Abs. 3 WEG verbunden, wobei insoweit die bisherigen Maßstäbe zur Auslegung des Nachteilsbegriffs weiter anzuwenden sind.

 

Verfahrensgang

AG Friedberg (Hessen) (Aktenzeichen 2 C 756/20 (23))

 

Tenor

Die Berufung der Berufungskläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) vom 11.11.2020 wird durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Berufungskläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind die beiden einzigen Eigentümer einer verwalterlosen WEG. Die Anlage besteht aus Reihenhäusern, wobei jedes Reihenhaus eine eigene WEG bildet. Die Wohneinheit der Kläger besteht unter anderem aus dem Dachgeschoss. Die Kläger beabsichtigen, auf dem Dach eine Klimaanlage anzubringen. Sie begehren u.a. die Feststellung, dass dazu die Zustimmung der Beklagten entbehrlich sei, hilfsweise die Beklagten zu deren Erteilung zu verurteilen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Das Verfahren ist auch soweit der Hilfsantrag als Beschlussersetzungsklage auszulegen ist, nach dem bisherigen Verfahrensrecht – gegen die Beklagte als andere Eigentümerin – weiter zu führen (§ 48 Abs. 5 WEG). Zwar steht § 21 Abs. 8 WEG aF nicht in dem in § 48 Abs. 5 WEG in Bezug genommenen dritten Teil des WEG, die Vorschrift will aber ersichtlich alle Beschlussklagen erfassen, so dass für die Beschlussersetzungsklage nichts anderes gelten kann (Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020 Rz. 1993; BeckOK WEG/ Elzer, 43. Ed. 1.1.2021 Rn. 20, WEG § 48 Rn. 20).

Materiell gilt – mit Ausnahme von Anfechtungsklagen, bei denen es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung ankommt (Kammer, NZM 2021, 45; LG Rostock ZMR 2021, 63) – das neue Recht. Dies ergibt sich für die Beschlussersetzungsklage schon daraus, dass entscheidend die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist (BGH NZM 2018, 611).

Soweit die Kläger mit dem Hauptantrag sinngemäß begehren, dass sie eine Klimaanlage an dem Dach anbringen dürfen, ohne dass dies einer Mitwirkung des Beklagten bedarf, kann dies bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil nach neuem Recht gem. § 20 WEG jede bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums zwingend einer Beschlussfassung durch die Eigentümer bedarf (vgl. Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 6 Rn. 46; Hügel/Elzer § 20 Rn. 26 f.; Lehmann-Richter/Wobst, aaO Rz. 1993).

Der Hilfsantrag, der vom Amtsgericht zutreffend als Beschlussersetzungsklage ausgelegt worden ist (dazu BGH NZM 2016, 523 Rn. 18), ist jedenfalls unbegründet, wobei die Kammer die Bedenken des Amtsgerichts an der Zulässigkeit im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis teilt, da jedenfalls der vergebliche Versuch einer Vorbefassung im Umlaufverfahren nicht genügen dürfte. Allerdings zeigt dieses Verfahren, dass eine Beschlussfassung im Rahmen der Eigentümerversammlung wohl kaum zu erwarten sein dürfte, so dass auch die Annahme, dass deren Durchführung eine Förmelei wäre, nicht aus der Luft gegriffen ist.

Letztlich kann dies aber dahinstehen (vgl. Musielak/Voit/Musielak, 17. Aufl. 2020, ZPO § 300 Rn. 11), denn die Klage ist jedenfalls unbegründet. Eine Beschlussersetzungsklage hat nur dann Erfolg, wenn ein Anspruch auf die Beschlussfassung besteht.

Bei der Klimaanlage handelt es sich nicht um eine privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 WEG, der nicht erweiterungsfähig ist. Der Wortlaut des § 20 Abs. 2 WEG ist insoweit eindeutig (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1181; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 6 Rn. 84; BeckOGK/Kempfle, 1.12.2020, WEG § 20 Rn. 133). Zwar wird, worauf die Berufung verweist, teilweise eine erweiternde Auslegung für möglich gehalten, dies erfasst aber den vorliegenden Fall nicht. Erweiterungen werden für zukünftige technische Fortentwicklungen (Palandt/Wicke, § 20 Rn. 8) oder Fälle, in denen aus verfassungsrechtlichen Gründen (Parabolantenne) oder zum Anschluss an eine Fernsprechei...

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