Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgestaltung der handelsrechtlichen Rechnungslegungspflicht eines Insolvenzverwalters. Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen eines Ordnungsgeldverfahrens gegen einen Insolvenzverwalter wegen eines nicht eingereichten Jahresabschlusses

 

Normenkette

InsO § 155; HGB § 325; EGHGB Art. 61 Abs. 5 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bad Homburg (Beschluss vom 24.04.2007; Aktenzeichen 10 HRB 6633)

LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 04.09.2006; Aktenzeichen 32 T 12/05)

EuGH (Entscheidung vom 04.12.1997; Aktenzeichen 5 C 97/96)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bad Homburg v.d. Höhe vom 24.04.2007 aufgehoben.

Das Ordnungsgeldverfahren wird eingestellt.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Über das Vermögen der Gesellschaft wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bad Homburg vor der Höhe am 01.08.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beteiligte zu 2) wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Einen Jahresabschluss für das Jahr 2002 reichte die Gesellschaft nicht beim Handelsregister ein. Auf Antrag der Beteiligten zu 3) setzte das Amtsgericht mit Verfügung vom 26.02.2007, zugestellt am 05.03.2007, dem Beteiligten zu 2) als Insolvenzverwalter der Gesellschaft eine Frist von 6 Wochen zur Einreichung des Abschlusses zum 31.12.2002 und drohte ein Ordnungsgeld von 2.500,– EUR an. Hiergegen legte der Beteiligte zu 2) Einspruch ein und führte zur Begründung aus, bereits am 02.09.2002 sei die Masseunzulänglichkeit bekannt gegeben worden. Derzeit verwalte er eine Masse in Höhe von 732.227,24 EUR, der Masseverbindlichkeiten in Höhe von 936.093,10 EUR gegenüber stünden. In einem massearmen Insolvenzverfahren bestehe keine Rechnungslegungspflicht, weil durch die Erstellung von Bilanzen die Insolvenzmasse zusätzlich belastet werde und die Insolvenzgläubiger durch seine Berichterstattung im Rahmen des Insolvenzverfahrens ausreichend informiert würden. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Einspruch verworfen und das angedrohte Ordnungsgeld festgesetzt, wobei es unter Hinweis auf einen Beschluss des Landgerichts Frankfurt an der Oder vom 04.09.2006 (Rpfleger 2006, 659 [LG Frankfurt an der Oder 04.09.2006 – 32 T 12/05]) die Auffassung vertreten hat, auch in einem masselosen Insolvenzverfahren sei der Insolvenzverwalter zur Offenlegung der Jahresabschlüsse verpflichtet. Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde wiederholt und vertieft der Beteiligte zu 2) seine bereits im Einspruchsverfahren vertretene Auffassung. Die Beteiligte zu 3) verteidigt den angefochtenen Beschluss.

 

Entscheidungsgründe

II.

Über die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde war vom Vorsitzenden der Kammer allein zu entscheiden (§140 a Abs. 1 Satz 5, Absatz 2 a.F. FGG, die Vorschrift ist gemäß Art. 61 Abs. 5 Satz 2 EGHGB für Verfahren bezüglich Abschlüsse der bis zum 31.12.2005 beginnenden Geschäftsjahre noch anwendbar).

Die Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Einstellung des Ordnungsgeldverfahrens.

Zwar trifft den Beteiligten zu 2) als Insolvenzverwalter grundsätzlich die handelsrechtliche Rechnungslegungspflicht (§§325 HGB, 155 InsO). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese auch bei einem massearmen Insolvenzverfahren in vollem Umfang besteht und ob die Aufforderung des Amtsgerichts, den Jahresabschluss „zum 31.12.2002” vorzulegen, angesichts des mit der Eröffnung des Insolvenzverfahren beginnenden neuen und deshalb bis 31.07. laufenden Geschäftsjahres (§155 Abs. 2 InsO) überhaupt in dieser Form zutreffend ist. Für die Einleitung eines Ordnungsgeldverfahrens gegen den Insolvenzverwalter bestand für das Registergericht jedenfalls schon deshalb kein Anlass, weil es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt.

Nach §335 a HGB in der für dieses Verfahren zu Grunde zu legenden Fassung ist auf Antrag wegen pflichtwidrigen Unterlassens der rechtzeitigen Offenlegung ein Ordnungsgeld „gegen die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft" festzusetzen. Diese Voraussetzung trifft auf den Beteiligten zu 2) als Insolvenzverwalter nicht zu. Organe der Aktiengesellschaft sind die Hauptversammlung, der Aufsichtsrat und der Vorstand, wobei letzterer in der Regel das zur Vertretung berechtigte Organ ist (§76 Abs. 1 AktG). Hieran ändert auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts, denn nach ganz herrschender Meinung bleibt auch danach der Vorstand als solcher im Amt (vgl. Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., §264 AktG Rdnr. 40). Der Insolvenzverwalter ist zwar berechtigt und verpflichtet, das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten und hierüber zu verfügen, er wird dadurch aber nicht zum Organ der Gesellschaft, sondern nimmt seine Aufgaben im eigenen Namen, aber mit Wirkung für und gegen den Insolvenzschuldner als Amtsträger wahr (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 7. Aufl., §264 Rdnr. 9). Die Ordnungsgeldregelung des §335 a HGB zielt offensichtlich auf einen anderen Personenkreis als §325...

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