Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.01.2013; Aktenzeichen VIII ZR 47/12)

OLG Hamm (Urteil vom 16.12.2011; Aktenzeichen I-19 U 154/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anpassung eines mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der S Key Account GmbH am 21.05.2008 geschlossenen Erdgaslieferungsvertrages. Sie stützt diesen Anspruch auf eine im Vertrag enthaltene "Wirtschaftsklausel".

Die Klägerin ist ein Unternehmen der E-Unternehmensgruppe. Letztere hat ihren Sitz in H. Die E-Unternehmensgruppe hält sämtliche Geschäftsanteile an der Klägerin. E stellt Aluminiumoxid her, welches für die Herstellung von Aluminium benötigt wird. Die Klägerin betreibt als einzige verbliebene Oxid-Fabrik in E1 für E eine Raffinerie zur Herstellung von Aluminiumoxid und Aluminiumhydroxid. Hierzu liefert E der Klägerin die Rohstoffe und vertreibt das Endprodukt. Die Klägerin erbringt reine Produktionstätigkeit auf Selbstkostenbasis, sie erhält von E einen relativ geringfügigen Gewinnzuschlag. Die Klägerin arbeitet ausschließlich für E. Die Vermarktungsrisiken werden von E getragen, weshalb sich wirtschaftliche Veränderungen im Markt zunächst nur auf die Muttergesellschaft der Klägerin auswirken.

Für die Herstellung von Aluminiumoxid benötigt die Klägerin erhebliche Energiemengen. Sie holte u.a. bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten verschiedene Angebote für die Lieferung von Erdgas ab dem Zeitpunkt 01.10.2008 ein. Nach Verhandlungen schlossen die Parteien schließlich am 21.05.2008 einen Erdgas-Lieferungsvertrag, der eine minimale Jahresliefermenge von 1.575.000 Megawattstunden und eine maximale Jahresmenge von 1.925.000 Megawattstunden vorsah.

Als Preis war ein Festpreis vereinbart worden, und zwar ein Arbeitspreis von 3,5 Cent pro kw/h und ein Grundpreis von jährlich 2,5 Mio. €. Der Vertrag hat eine Laufzeit vom 01.10.2008 bis zum 01.10.2011.

Unter Ziffer 10 der Vertragsbedingungen findet sich eine Wirtschaftsklausel, die wie folgt lautet:

10.1

Wenn die technischen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Vertragsbestimmungen (Preise und Bedingungen) vereinbart worden sind, eine grundlegende Änderung erfahren und infolge dessen einem Vertragspartner die Beibehaltung der Vertragsbestimmungen nicht mehr zugemutet werden kann, weil die auf einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen abziehenden Absichten der Vertragspartner nicht mehr erfüllt werden, so kann dieser Vertragspartner beanspruchen, dass die Vertragsbestimmungen den geänderten Verhältnissen entsprechend angepasst werden.

10.2

Kommt eine Einigung über die Anpassung der Vertragsbestimmungen nicht binnen 3 Monaten zustande, so kann jeder Vertragspartner den Rechtsweg beschreiten. Der Anspruch auf die neuen Vertragsbestimmungen besteht von dem Zeitpunkt an, an dem der fordernde Vertragspartner erstmalig unter Berufung auf die geänderten Verhältnisse von dem anderen Vertragspartner die neuen Vertragsbestimmungen gefordert hat."

Wegen weiterer Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K1 zur Klage verwiesen.

Erstmals mit Schreiben vom 27.03.2009 beanspruchte die Klägerin eine Verhandlung über die Anpassung der Vertragsbestimmungen.

Sie schlug einen neuen Festpreis zwischen 18,00 und 25,00 € pro Megawattstunde und eine Reduzierung der Mindestabnahmemenge um 40% vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K2 verwiesen. Mit Schreiben vom 07.05.2009 lehnte die Beklagte den Vorschlag der Klägerin ab. Sie bot an, überschüssige Gasmengen zu Marktpreisen weiterzuverkaufen. Ferner bot sie an, eine Vertragsverlängerung vorzunehmen und einen Mischpreis zu bilden. Diese Vorschläge waren für die Klägerin nicht akzeptabel.

Die Klägerin behauptet, seit dem Abschluss des Vertrages hätten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für beide Parteien erheblich verändert. Sie, die Klägerin, könne unter Zugrundelegung der im Vertrag vereinbarten Abnahmemengen und Preise nicht mehr wirtschaftlich produzieren, während die Beklagte sehr hohe Profite erziele. Das Gleichgewicht der wirtschaftlichen Interessen sei daher erheblich gestört. Im Einzelnen trägt die Klägerin hierzu vor, es habe eine Veränderung im Bereich des Aluminiummarktes gegeben. Während bei Vertragsabschluss noch eine gute Prognose und gute Rahmenbedingen vorhanden gewesen sein, habe es im vierten Quartal des Jahres 2008 einen Einbruch auf dem Aluminiummarkt gegeben. Es habe eine erhebliche Überproduktion vorgelegen, die Preise seien gesunken. Es habe einen Preiseinbruch von 54% gegeben. Dieser erhebliche Preiseinbruch sei unvorhersehbar gewesen. Es werde heute allgemein prognostiziert, dass der Preis für Aluminium auch während der nächsten Jahre nicht annähernd wieder auf das Niveau von 2008 steigen werde. Ihr, der Klägerin, sei eine Beibehaltung der Vertragsbestimmungen unter diesen Voraussetzu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge