Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Insolvenzverwalters gegen die Staatskasse im Fall einer Kostenstundung nach § 4a InsO für die Vergütung und die Auslagen. Vergütung aus der Staatskasse nach § 4a InsO bei Stundungsbewilligung erst kurz vor Abschluss des Verfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut des § 63 Abs. 2 InsO steht dem Insolvenzverwalter im Fall einer Kostenstundung nach § 4a InsO für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse nicht ausreicht. Eine einschränkende Auslegung des § 63 Abs. 2 InsO ist weder vom Gesetzeszweck noch aufgrund einer Regelungslücke geboten.

Da § 63 Abs. 2 InsO lediglich auf die Bewilligung der Stundung abstellt, ist die Vergütung aus der Staatskasse auch in den Fällen zu leisten, in denen die Stundungsbewilligung erst kurz vor Abschluss des Verfahrens erfolgte.

 

Normenkette

InsO §§ 4a, 63 Abs. 2

 

Gründe

Nach Eingang eines Gläubigerantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners hat das AG den Beschwerdeführer zunächst mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Mit Schreiben v. 4.9.2009 hat der Schuldner ebenfalls einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie einen Antrag auf RSB gestellt. In seinem Gutachten v. 16.9.2009 hat der Beschwerdeführer zunächst festgestellt, dass eine ausreichende Masse vorhanden sei und die nächstmögliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens empfohlen. Mit Beschl. v. 2.11.2009 hat das AG über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 23.12.2010 hat der Verwalter dem AG Masseunzulänglichkeit angezeigt. Mit Schriftsatz v. 13.7.2011 hat der Verwalter mitgeteilt, dass er im Rahmen der Schlussrechnungslegung festgestellt habe, dass die Masse ggf. nicht zur vollständigen Begleichung der Verfahrenskosten ausreiche und vor dem Hintergrund der beantragten Erteilung der RSB ein nachträglicher Stundungsantrag des Schuldners erforderlich sei. Mit Schreiben v. 18.7.2011 hat der Schuldner die Stundung der Verfahrenskosten beantragt. Mit Beschl. v. 27.7.2011 hat das AG dem Schuldner die Verfahrenskosten für das Insolvenzverfahren gestundet. Mit Schriftsatz v. 24.8.2011 hat der Verwalter die Festsetzung seiner Vergütung nebst Auslagen und Zustellkosten in einer Gesamthöhe von 26.768,89 EUR, die Entnahme eines Teilbetrags aus der zur Verfügung stehenden Masse i.H.v. 12.986,04 EUR, die spätere Entnahme einer zu erwartenden Vor-Steuererstattung i.H.v. 2.073,40 EUR sowie den Ausgleich des die Masse übersteigenden Fehlbetrags i.H.v. 11.709,45 EUR aus der Staatskasse beantragt. Das AG hat mit Beschl. v. 5.12.2011 die Vergütung des Verwalters auf einen Gesamtbetrag i.H.v. 24.145,33 EUR festgesetzt, ihn ermächtigt, den Betrag in Höhe der vorhandenen Masse zu entnehmen und infolge der Massearmut und Kostenstundung eine Mindestvergütung i.H.v. 1.487,50 EUR aus der Staatskasse angewiesen. In der Begründung hat es unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Braunschweig (Beschl. v. 8.2.2010 – 6 T 666/09) ausgeführt, dass der infolge der Verfahrenskostenstundung dem Insolvenzverwalter gewährte Sekundäranspruch gegen die Staatskasse nicht dazu missbraucht werden dürfe, um dem Verwalter trotz Vorliegens eines massearmen Verfahrens seine Regelvergütung zu gewähren. Der Schutz des § 63 Abs. 2 InsO reiche lediglich so weit, wie dem Insolvenzverwalter durch die erfolgte Stundung und dem damit einhergehenden Ausfallrisiko ein Nachteil gegenüber einer Tätigkeit in masselosen/massearmen Insolvenzverfahren ohne gewährte Stundung entstehe.

Mit der sofortigen Beschwerde macht der Verwalter die Regulierung seiner nicht aus der Masse gedeckten Vergütung i.H.v. weiteren 9.660,13 EUR durch die Staatskasse geltend. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die angeführte Rechtsprechung des LG Braunschweig auf seine sanierende und das Unternehmen erhaltende Tätigkeit nicht anwendbar sei. Die Bezirksrevisorin hat im Rahmen ihrer Stellungnahme die Auffassung des AG geteilt.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig nach §§ 4, 6 Abs. 1, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1, 2 ZPO und auch in der Sache begründet. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut des § 63 Abs. 2 InsO steht dem Insolvenzverwalter im Fall einer Kostenstundung nach § 4a InsO für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse nicht ausreicht. Die vom AG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des LG Braunschweig befürwortete einschränkende Auslegung der Vorschrift ist weder vom Gesetzeszweck noch aufgrund einer Regelungslücke geboten. Die Verfahrenskostenstundung nach § 4a InsO soll es auch den völlig mittellosen natürlichen Personen ermöglichen, ein geordnetes Insolvenzverfahren zu durchlaufen und damit die RSB zu erlangen, die nach geltendem Recht ein vorgeschaltetes Insolvenzverfahren voraussetzt. Ohne die Verfahrenskostenstundung käme es nicht zur Eröff...

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