Verfahrensgang

AG Neuss (Urteil vom 13.06.1990; Aktenzeichen 30 C 202/90)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 13.6.1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neuss – 30 C 202/90 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger die im 4. Obergeschoß des Hauses Gemsenstraße 35, 4044 Kaarst gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Diele, Bad/WC, einem Balkon sowie einem Kellerraum geräumt herauszugeben.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.3.1991 gewährt.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

 

Gründe

Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie hat auch in der Sache selbst Erfolg.

Die mit Schreiben vom 23.11.1989 (Bl. 7 GA) ausgesprochene Kündigung hat das seit dem 1.7.1983 bestehende Mietverhältnis mit Ablauf des 31.5.1990 beendet (§§ 564 b Abs. 2 Nr. 3, 565 BGB). Die Beklagten sind deshalb zur Räumung verpflichtet (§ 556 BGB).

Die Kündigung ist nicht unwirksam, weil sie nicht hinreichend begründet worden ist (§ 564 b Abs. 3 BGB). Die Anforderungen an die Begründung dürfen nicht überspannt werden. Es genügt, wenn der Vermieter den Kündigungsgrund schlagwortartig so umschreibt, daß er von anderen Lebenssachverhalten unterschieden werden kann (BayObLG WuM 85, 50). Dem ist mit dem Hinweis, warum man sich von der Wohnung trennen müsse und weshalb sich diese vermietet kaum verkaufen lasse, genügt. Die Kläger sind nicht gehindert, die weiteren Einzelheiten im Prozeß nachzuschieben.

Die Kläger haben durch die Vorlage des von der Dresdner Bank erstellten Finanzierungsplans dargetan, daß sie zur Finanzierung ihres neuen Hauses einen Zwischenkredit von 130.000,– DM aufnehmen mußten, der mit 9,96 % zu bedienen ist. Ihr Wunsch, diesen Kredit baldmöglichst durch den Verkauf der Eigentumswohnung abzulösen, ist nur allzu verständlich. Die Kreditkosten übersteigen die erzielte Miete bei weitem.

Es ist gerichtsbekannt und bedarf keines weiteren Nachweises, daß sich kleinere Eigentumswohnungen vermietet nur mit einem ganz erheblichen Preisabschlag verkaufen lassen. Die Kläger erwarten einen Kaufpreis von 130.000,– DM. Diese Preisvorstellung kann schwerlich als gänzlich überzogen bezeichnet werden. Die Wohnung ist etwas über 63 qm groß. Sie verfügt über 3 Zimmer, Küche, Diele, Bad und WC. Für ältere Eigentumswohnungen dieses. Zuschnitts werden am Markt derzeit zwischen 2.000,– und 2.500,– DM je qm erzielt. Für den Anleger, der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erstrebt, ist ein solcher Preis zu hoch. Er stellt bei der Abgabe seines Angebots weniger auf den Verkehrswert denn auf den Ertragswert ab. Dieser entspricht in etwa der fünfzehnfachen Jahresmiete, er liegt also bei ca. 100.000,– DM. Den Klägern droht mithin ein spürbarer Verlust, falls es ihnen nicht gelingt, die Wohnung geräumt zum Verkauf anzubieten. Es kann ihnen nicht zugemutet werden, diesen Verlust hinzunehmen.

Die Kammer erachtet es für angezeigt, den Beklagten eine viermonatige Räumungsfrist zu gewähren, damit sie Gelegenheit haben, sich auf die für sie neue Situation einzurichten (§ 721 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 ZPO.

Streitwert: 8.520,– DM.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1467656

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