Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für den Anspruch eines vorläufigen Insolvenzverwalters auf Festsetzung seiner Vergütung und Auslagen. Unzulässigkeit der Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Unmöglichkeit einer Entscheidung des Insolvenzgerichts über Grund und Höhe der Insolvenzverwaltervergütung

 

Normenkette

InsO § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 64; InsVV §§ 8, 10; BGB § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 18.10.2010; Aktenzeichen 502 IN 273/08)

BGH (Urteil vom 12.06.1989; Aktenzeichen II ZR 246/88)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.02.2012; Aktenzeichen IX ZB 137/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 18. Oktober 2010 aufgehoben.

Der Antrag des vorläufigen Insolvenzverwalters auf Festsetzung seiner Vergütung und Auslagen wird zurückgewiesen.

Der Antrag des vorläufigen Insolvenzverwalters auf gerichtliche Stellungnahme zur Angemessenheit der von ihm berechneten Vergütung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der vorläufige Insolvenzverwalter zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.839,64 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Im Dezember 2009 beantragte die Beteiligte zu 2 die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Im Zuge des Insolvenzeröffnungsverfahrens hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 16. Juli 2009 Rechtsanwalt XXX zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und einen Zustimmungsvorbehalt angeordnet.

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde später zurückgenommen. Das Amtsgericht – Richter – hat die Sicherungsmaßnahmen aufgehoben. Im Folgenden hat das Amtsgericht – Rechtspfleger – durch den angefochtenen Beschluss auf Antrag des

vorläufigen Insolvenzverwalters dessen Vergütung auf 18.757,14 EUR und seine Auslagen auf 2.082,50 EUR festgesetzt. Dieser hatte hilfsweise einen Antrag auf gerichtliche Stellungnahme zur Angemessenheit der von ihn berechneten Vergütung gestellt.

Gegen diesen ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 27. Oktober 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 05. November 2010 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2.. Der Beteiligte zu 1. hat mit Fax vom 09. November 2010 diesen Einspruch „widerrufen”.

Das Amtsgericht – Rechtspfleger – hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 13. Januar 2011 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und der Haupt- sowie der Hilfsantrag des vorläufigen Insolvenzverwalters sind zurückzuweisen.

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 6 Abs. 1, § 64 Abs. 3 S. 1 InsO, § 567 ZPO statthaft, da das Amtsgericht seine Entscheidung auf § 64 InsO gestützt hat.

Die Beteiligte zu 2. war auch berechtigt, die Beschwerde alleine einzulegen, der vom Beteiligten zu 1. erklärte „Widerspruch” ist ohne rechtliche Auswirkung.

Zwar haben die Miterben – bis auf hier nicht einschlägige Ausnahmen – ihr Rechte im Regelfall nach § 2038 BGB gemeinsam auszuüben (vgl. Münchener Kommentar Insolvenzordnung/Siegmann, 2. Auflage 2008, § 315 Anh. Rn. 5). Die Beteiligte zu 2. war hier aber berechtigt ohne Mitwirkung des Beteiligten zu 1. sofortige Beschwerde einzulegen, weil es sich dabei um eine zur Erhaltung des Nachlasses notwendige Maßregel handelt, § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB.

Eine solche Notwendigkeit liegt vor, wenn bei Nichtvornahme dem Nachlass oder einzelnen seiner Gegenstände ein Schaden entstehen kann (Staudinger/Werner, BGB – Neubearbeitung 2010, § 2038 Rn. 27). Dabei kann zu einer Notverwaltungsmaßnahme auch die Erhebung einer Klage gehören, wenn nur durch sie ein zum Nachlass gehöriges Recht erhalten werden kann; entsprechendes gilt für eine gesellschaftsrechtliche Anfechtungsklage (BGH NJW 1989, 2694 [BGH 12.06.1989 – II ZR 246/88] […]).

Nach diesen Grundsätzen war die Beteiligte alleine berechtigt, sich mit der sofortigen Beschwerde, die innerhalb einer kurzen Frist von zwei Wochen eingelegt werden muss, gegen die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu wenden, zumal nicht nur die Berechtigung des Insolvenzgericht, diese festzusetzen, sondern auch die Höhe der dem vorläufigen Insolvenzverwalter zustehenden Vergütung in Streit steht. Aufgrund ihrer alleinigen Berechtigung ist der vom Beteiligten zu 1. erklärte spätere „Widerspruch” ohne Bedeutung, denn alle Erben sind an die Notverwaltungsmaßnahmen gebunden (Staudinger/Werner, BGB – Neubearbeitung 2010, § 2038 Rn. 40 m.w.N.).

2.

Die Beschwerde ist begründet, weil – unabhängig davon, ob für eine solche Festsetzung der Richter oder der Rechtspfleger zuständig wäre – die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters überhaupt nicht in dem Verfahren nach § 64 InsO, §§ 8, 10 InsVV festgesetzt werden kann, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden ist.

Der vorläufige Insolvenzverwalter hat zwar im Falle der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens ...

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