Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Entscheidung vom 31.10.2005; Aktenzeichen 113 Ds 90 Js 4851/03)

 

Tenor

... wird die Beschwerde der Landeskasse vom 24. November 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2005, Az.: 113 Ds 90 Js 4851/03, als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

Die gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte Beschwerde der Landeskasse vom 24. November 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2005 ist zulässig, aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht auf das als Erinnerung auszulegende Rechtsmittel des Verteidigers des Betroffenen vom 04. Juli 2005 den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 13. Juni 2005 dahingehend abgeändert, dass dem Erinnerungsführer aus der Staatskasse eine weitere Vergütung in Höhe von 213,44 Euro für das Verfahren erster Instanz zu zahlen ist, da er auch für das Verfahren 113 Ds 90 Js 3105/04 eine Terminsgebühr gemäß Nr. 4108 VV RVG nebst der hierauf entfallenden Umsatzsteuer verdient hat.

Demgegenüber ist die abweichende Auffassung der Landeskasse, wonach die zweite Terminsgebühr für das Verfahren 113 Ds 90 Js 3105/04 nicht zu zahlen sei, weil in dieser Sache kein Hauptverhandlungstermin bestimmt worden sei, schon im Ausgangspunkt unzutreffend. Denn das Gesetz macht die Entstehung der Terminsgebühr in Nr. 4108 VV RVG seinem eindeutigen Wortlaut nach nicht davon abhängig, dass ein Hauptverhandlungstermin bestimmt worden ist. Vielmehr stellt der Gebührentatbestand der Nr. 4108 VV RVG lediglich darauf ab, ob eine Hauptverhandlung vorgelegen hat oder nicht. Ganz unzweifelhaft kann aber eine Hauptverhandlung auch dann stattfinden, wenn ein Terminstag zuvor nicht anberaumt worden ist. Voraussetzung ist dann lediglich, dass der Angeklagte und sein Verteidiger auf die dispositiven Förmlichkeiten und Fristen, die nach der Strafprozessordnung im Vorfeld einer Hauptverhandlung grundsätzlich zu beachten sind, verzichten. Kommt es zu einem solchen Verzicht, so kann eine Hauptverhandlung ganz selbstverständlich auch ohne vorherige Terminsbestimmung stattfinden (vgl. OLG Saarbrücken, JurBüro 1999, 471, 472).

Dem kann seitens der Landeskasse nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass das Gesetz in Vorbemerkung 4 Abs. 3 vor Nr. 4100 ff. VV RVG eine Terminsgebühr (auch) dann gewährt, wenn ein vom Vorsitzenden anberaumter Termin ausfällt, der Verteidiger jedoch gleichwohl erscheint, weil er nicht rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden ist. Diese Regelung rechtfertigt nämlich keineswegs den Umkehrschluss, dass bei einer stattfindenden Hauptverhandlung, die zuvor nicht anberaumt worden ist, keine Gebühr anfällt. Denn in Nr. 4108 VV RVG wird lediglich eine Hauptverhandlung als Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt. Findet diese nicht statt, so gewährt Nr. 4108 VV RVG demnach auch dann keine Gebühr, wenn sie anberaumt war und der Verteidiger mangels rechtzeitiger Abladung vergeblich erscheint. Um diese als ungerecht empfundene Konsequenz zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die Regelung der Vorbemerkung 4 Abs. 3 vor Nr. 4100 ff. VV RVG geschaffen, weil das vergebliche Erscheinen des Rechtsanwalts allein in die Risikosphäre des Staates fällt. Ausschlaggebend ist mithin auch von der Gesetzessystematik her zunächst die Frage, ob eine Hauptverhandlung stattgefunden hat. Nur dann, wenn dies nicht der Fall gewesen ist, ist (subsidiär) zu fragen, ob eine solche anberaumt war und der Verteidiger infolge unterbliebener Abladung vergeblich erschienen ist.

Schließlich lässt sich auch der zwischen der Landeskasse und dem Verteidiger heftig umstrittenen Kommentarstelle bei Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, S. 553 Rn. 69, nichts Gegenteiliges entnehmen. Denn soweit es dort heißt, eine Terminsgebühr entstehe nur in denjenigen miteinander verbundenen Verfahren, in denen eine Hauptverhandlung anberaumt war, handelt es sich ersichtlich nur um eine missverständliche Formulierung. Tatsächlich stellt nämlich auch Burhoff - worauf der Verteidiger mehrfach zutreffend hingewiesen hat und was von der Landeskasse inzwischen offenbar nicht mehr gänzlich in Abrede gestellt wird - letztlich nur darauf ab, ob eine Hauptverhandlung stattgefunden hat oder nicht. Dementsprechend führt er bereits in dem von ihm zur Veranschaulichung seiner Ansicht gewählten Beispiel wörtlich aus:

"Rechtsanwalt XY erhält als Verteidiger für die drei miteinander verbundenen Verfahren drei Terminsgebühren nach Nr. 4108 VV RVG, da diese erst nach Aufruf miteinander verbunden worden sind, also ein Termin stattgefunden hat. Weitere Terminsgebühren entstehen für die beiden anderen hinzuverbundenen Verfahren nicht, in ihnen hat kein Termin stattgefunden" (Hervorhebungen durch die Kammer).

Konsequenterweise heißt es dann auch im anschließenden "Praxistipp" des Kommentators, es sei darauf zu achten...

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