Leitsatz (amtlich)

Das Ausbleiben des Angeklagten im Berufungshauptverhandlungstermin ist nicht genügend entschuldigt, wenn der Angeklagte nach erfolgter Abschiebung dem Gericht seine Anschrift in seinem Heimatland nicht mitgeteilt hat, da anderenfalls das Gericht die Möglichkeit gehabt hätte, den Angeklagten unter seinem Aufenthaltsort zu laden und darauf hinzuwirken, dass ihm für die Teilnahme an der Berufungshauptverhandlung eine Betretenserlaubnis für das Bundesgebiet nach § 11 Abs. 2 AufenthG erteilt wird.

 

Verfahrensgang

AG Dresden (Entscheidung vom 28.10.2009)

 

Tenor

Die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 28.10.2009 wird verworfen.

Die durch die zurückgenommene Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last. Im Übrigen hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und die ihm durch seine Berufung entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Gründe

Der Angeklagte wurde mit Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 28.10.2009 der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen und der unerlaubten Einreise nach Abschiebung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt.

Gegen dieses Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Staatsanwaltschaft hat ihr auf den Rechtsfolgenausspruch beschränktes Rechtsmittel in der Berufungshauptverhandlung zurückgenommen.

Zum Termin zur Berufungshauptverhandlung ist der Angeklagte nicht erschienen.

Die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 28.10.2009 war nach § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO ohne Verhandlung zur Sache zu verwerfen.

Der Angeklagte wurde ordnungsgemäß zum Termin zur Berufungshauptverhandlung geladen.

Der Angeklagte wurde am 16.12.2009 nach Algerien abgeschoben. Eine aktuelle Anschrift des Angeklagten in seinem Heimatland ist nicht bekannt. Es wurde daher mit Beschluss vom 05.05.2010 die öffentliche Zustellung der Ladung zur Berufungshauptverhandlung angeordnet, die durch einen Aushang der Benachrichtigung über die Zustellung an der Gerichtstafel vom 06.05.2010 bis 21.05.2010 bewirkt wurde.

Das Ausbleiben des Angeklagten war nicht genügend entschuldigt. Dem Angeklagten wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, nach erfolgter Abschiebung dem Gericht seine Anschrift in seinem Heimatland mitzuteilen. Dann hätte das Gericht die Möglichkeit gehabt, den Angeklagten unter seinem Aufenthaltsort zu laden und darauf hinzuwirken, dass ihm für die Teilnahme an der Berufungshauptverhandlung eine Betretenserlaubnis für das Bundesgebiet nach § 11 Abs. 2 AufenthG erteilt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 2 StPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 4014135

StRR 2010, 363

VRR 2010, 363

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