Verfahrensgang

AG Dresden (Beschluss vom 12.01.2006)

 

Tenor

I.Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichtes Dresden – Insolvenzgericht – vom 12. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

II.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 600 Euro.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen.

Sie ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit 6 Miteigentumsanteilen. Unter dem 19.12.2005 beantragte sie durch ihren Verwalter die Eröffnung des Verfahrens über ihr Vermögen mit der Begründung, mehrere Eigentümer seien insolvent und Wohngeldzahlungen gingen seit November 2005 nicht mehr ein.

Mit Beschluss vom 12. Januar 2006 (NJW 2006, 1071) hat das Amtsgericht den Antrag als unzulässig verworfen, weil eine WEG nicht insolvenzfähig sei. Gegen diese ihrem Verwalter am 20. Januar 2006 zugestellte Entscheidung wendet sich die am 03. Februar 2006 eingegangene Beschwerde der Schuldnerin.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 34 Abs. 1 S. 1 InsO statthafte und auch im Übrigen nach §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil das Amtsgericht die Insolvenzfähigkeit der WEG zu Recht verneint hat.

1. Eine Insolvenzfähigkeit der WEG ergibt sich zunächst nicht aus § 11 Abs. 1 InsO direkt.

§ 11 Abs. 1 InsO bringt den Grundsatz zum Ausdruck, dass über das Vermögen jeder natürlichen oder juristischen Person auf Grund ihrer Rechtsfähigkeit ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann (vgl. Fischer, NZI 2005, 586/587 unter II. 3). § 12 InsO stellt hierzu eine Ausnahme dar, die der Grundregel – entgegen den Ausführungen des Amtsgerichtes – gerade nicht entgegensteht. Voraussetzung der Anwendbarkeit dieser Grundregel des § 11 Abs. 1 InsO ist allerdings, dass der jeweilige Verband unbeschränkt rechtsfähig ist. Das ist bei der WEG nicht der Fall. Insbesondere ergibt sich das auch nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 2. Juni 2005 (BGHZ 163, 154), vielmehr ist die WEG danach nur insoweit teilweise rechtsfähig, als sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt.

2. Nicht oder beschränkt rechtsfähige Vermögensmassen sind allenfalls auf Grund der § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 InsO insolvenzfähig. Hier ist die WEG aber nicht genannt.

3. Die genannten Bestimmungen sind auf die WEG auch nicht analog anzuwenden. Es fehlt sowohl an einer planwidrigen Gesetzeslücke als auch an einem vergleichbaren Sachverhalt.

a) Zunächst enthält § 11 InsO hier keine planwidrige Lücke.

Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat sich in den Jahren 1990 bis zur Verabschiedung 1994 zwar nicht mit Fragen der Rechtsfähigkeit befasst, für die seinerzeit nach jeweils herrschender Ansicht weder rechts- noch insolvenzfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts aber die Insolvenzfähigkeit angeordnet (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Gleiches gilt für die Gesamtgüter des Nachlasses und der Gütergemeinschaft (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO) und den nicht rechtsfähigen Verein (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InsO) und wäre für die Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Rechtsfähigkeit zumindest in der Literatur mehrfach diskutiert worden war (vgl. die Darstellung in BGHZ 163, 157 unter III.2 aE.), möglich gewesen.

b) Auch besteht keine Vergleichbarkeit, weil im Gegensatz zu den insbesondere eben genannten nicht oder beschränkt rechtsfähigen Vermögen ein praktisches Bedürfnis für ein Insolvenzverfahren über eine WEG nicht besteht.

Gerade infolge ihrer Unauflöslichkeit brächte ein Insolvenzverfahren über eine WEG erhebliche Folgeprobleme, denen kein Vorteil im Sinne eines der gesetzlichen Insolvenzziel gegenüber steht. Solche Folgeprobleme hat unter anderem Bork (ZinsO 2005, 1067 ff.) skizziert, vertritt allerdings die Ansicht, dass man der Insolvenzfähigkeit der WEG nicht entgegenhalten könne, dass ein solches Verfahren sinnlos sei (Bork a.a.O. S. 1072 unter 6. am Ende). Sinnhaftigkeit mag mit Bork zwar keine Bedingung der Insolvenzfähigkeit sein, eine Bedingung der Analogiefähigkeit ist sie allerdings doch: Wenn die Übertragung der Rechtsfolgen einer Norm sinnlos ist, sind die Sachverhalte nicht vergleichbar.

Insbesondere würde eine Insolvenzfähigkeit der WEG wegen deren Fortbestand neben und nach dem Insolvenzverfahren zu teilweise abwegigen Ergebnissen führen, die auch nicht durch eine an die Analogie angepasste Handhabung innerhalb des eröffneten Verfahrens gelöst werden könnten.

aa) Die Kammer teilt die Befürchtung, dass ein eröffnetes Verfahren „ewig” laufen müsste und nur durch eine vollständige Bereinigung der Masseverbindlichkeiten und Befriedigung der Insolvenzgläubiger beendet werden könnte (so Abramenko ZMR 2005, 585, 590; Häublein, ZIP 2005, 1720/1726 unter III.1; aA Bork a.a.O unter 6.). Das dem Insolvenzverwalter in einem über eine WEG eröffneten Insolvenzverfahren zur Verfügung stehende „Refinanzierungssystem” ist zwar praktisch schwer handhabbar, verspricht aber doch letzten End...

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