Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.04.2017; Aktenzeichen VII ZR 194/13)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu

vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin fordert mit der Klage Mehrkosten für einen witterungsbedingten Stillstand ihrer Leistungen bei dem Bau einer Autobahnbrücke.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Zuschlagsschreiben vom 01. September 2009 mit dem Bau einer Autobahnbrücke für die Autobahn ... zwischen ..... und ...... einschließlich der Rampen (Ersatzneubau BW 21Ü1). Als Vergütung vereinbarten die Parteien eine vorläufige Auftragssumme von 984.978,60 Euro. Vertragsgrundlagen wurden u.a. die Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten (Anlage K 2 zur Klageschrift, Blätter 10 ff. der Gerichtsakte) sowie die Regelungen der VOB/B. Nach Ziffer 2.3 der Besonderen Vertragsbedingungen waren die Leistungen spätestens am 15. Mai 2010 zu vollenden.

Die Klägerin zeigte mit Schreiben vom 4. Januar 2010 der Beklagten die witterungsbedingte Einstellung ihrer Arbeiten an (Blatt 16 der Gerichtsakte).

Am 8. März 2010 nahm die Klägerin die Arbeiten wieder auf. Dies hatte sie der Beklagten zuvor mit Schreiben vom 1. März 2010 mitgeteilt.

Die Beklagte verlängerte der Klägerin die Ausführungsfrist um den Zeitraum des Stillstandes zzgl. der Anlaufphase.

Mit Schreiben vom 15. April 2010 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein Nachtragsangebot Nr. 2, mit dem sie bauzeitverzögerungsbedingte Mehrkosten in Höhe von 43.786,75 Euro abrechnete. Die Beklagte lehnte das Nachtragsangebot mit Schreiben vom 24. Juni 2010 ab.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 erweiterte die Klägerin ihr Nachtragsangebot

Nr. 2 um die verzögerungsbedingten Personalkosten. Das Nachtragsangebot Nr. 2 setzt sich zusammen aus Aufwendungen für Bauhilfsmittel, der Baustelleneinrichtung, den allgemeinen Geschäftskosten, der Verkehrssicherung und den Kosten der Eigenleistungen. Insgesamt beläuft sich das Nachtragsangebot Nr. 2 auf einen Betrag in Höhe von 80.238,38 Euro netto (= 95.438,67 Euro brutto). Wegen der Einzelheiten des Angebotes wird auf die Anlage K 7 (Blätter 21 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Ebenfalls unter dem 9. Dezember 2010 erstellte die Klägerin ihre Teilschlussrechnung Nr. 201059 über 954.186,60 Euro. Die Beklagte prüfte die Teilschlussrechnung und strich den Nachtrag Nr. 2 völlig.

Die Klägerin beantragte daraufhin ein Verfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B, welches ergebnislos verlief.

Die Klägerin behauptet, ab dem 4. Januar 2010 habe sie die Arbeiten aufgrund außergewöhnlicher Frosttemperaturen und wegen der überdurchschnittlichen Schneemengen vollständig einstellen müssen. Deswegen habe auch das Widerlager nicht betoniert oder andere Leistungen ausgeführt werden können. Sie habe über einen Zeitraum von 9 Wochen witterungsbedingt ihre Leistungen nicht erbringen können. Es hätten daher in diesen 9 Wochen Witterungseinflüsse geherrscht, mit denen bei Abgabe des Angebotes normalerweise nicht gerechnet werden musste.

Die Klägerin ist der Ansicht, mit einer derartig lang anhaltenden Kälteperiode habe sie bei Vertragsschluss nicht rechnen müssen. Ihr stehe wegen der witterungsbedingten Mehrkosten ein Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB gegen die Beklagte zu. Bei Bauverträgen bestehe die zur Herstellung des Werkes erforderliche und dem Besteller obliegende Mitwirkungshandlung darin, dass er das Baugrundstück als für die Leistung des Auftragnehmers aufnahmebereit zur Verfügung zu stellen habe. Dies habe die Beklagte hier in dem Zeitraum, in dem witterungsbedingt nicht gearbeitet werden konnte, unterlassen. Auf ein Verschulden der Beklagten komme es insofern nicht an.

Die Klägerin beantragt,

  • 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 95.483,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

  • 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.760,20 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe die Ausführungszeit ausschließlich aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht verlängert. Es hätten schon nicht derart außergewöhnliche Witterungsverhältnisse geherrscht, welche eine Verlängerung der Ausführungsfrist zur Folge hätten.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie hätte keine ihr nach § 642 BGB geschuldete Mitwirkungshandlung unterlassen, da Schneefall und Frost nicht in ihrem Einflussbereich liegen. Witterungseinflüsse würden grundsätzlich nicht unter § 642 BGB fallen.

Vielmehr setze § 642 BGB eine verletzte Verpflichtung zur Mitwirkung voraus.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht Cottbus ist insbesondere örtlich zuständig. Nach § 29 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Erfüllungsort bei einem Bauwerk ist der Standort de...

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