Entscheidungsstichwort (Thema)

Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit bei öffentlich-rechtlichen Hoheitsträgern

 

Normenkette

InsO § 14

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 08.12.2005; Aktenzeichen IX ZB 38/05)

 

Tatbestand

I.

Das Finanzamt stellte am 14.4.2011 gegenüber dem Schuldner aufgrund von Rückständen an Steuern und steuerlichen Nebenleistungen i.H.v. mitgeteilten 18.495,33 EUR einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zur Glaubhaftmachung legte das Amt eine Rückstandsaufstellung bei, bei der die Rückstände nach Steuerart und Vorgang, Datum und offenen Betrag aufgeführt waren und handschriftlich, ohne Angabe des Zahlungsgrundes der Betrag zu 188,40 EUR angefügt ist mit handschriftlicher Notierung der neuen Gesamtsumme zu 18.495,33 EUR. Die Rückstandsaufstellung hat folgenden Inhalt:

I

Steuerart

Zeitraum

Fällig

Betrag/EUR

I

SZ-Betrag/EUR

I

I

Lohnsteuer

3. Vj. 1998

19.10.1998

630,04

I

905,28

I

I

Lohnsteuer

4. Vj. 1998

24.2.1999

357,90

I

513,77

I

I

Lohnsteuer

30.12.1999

30.12.1999

I

12,27

I

I

Für 3. Vj. 1999

I

I

I

Einkommensteuer

1997

20.7.1998

577,61

I

912,17

I

I

USt

August 1998

10.10.1998

242,61

I

303,76

I

I

USt

September 1998

16.11.1998

1.353,39

I

2.003,66

I

I

USt

Oktober 1998

10.12.1998

763,46

I

1.104,85

I

I

USt

November 1998

10.1.1999

1.312,95

I

1.916,16

I

I

USt

1998

7.2.2000

72,40

I

67,76

I

I

USt

2. Vj. 1999

27.12.1999

1.227,10

I

2.114,34

I

I

Ums. St -Versp. Z

2. Vj. 1999

27.12.1999

92,03

I

I

I

Ums. St -Versp. Z

3. Vj. 1999

24.1.2000

51,13

I

I

I

Ums. St -Versp. Z

4. Vj. 1999

17.4.2000

56,24

I

I

I

USt

24.1.2000

24.1.2000

I

694,30

I

I

Für 3. Vj. 1999

I

I

I

USt

17.4.2000

17.4.2000

I

558,09

I

I

Für 4. Vj. 1999

I

I

I

Solid. Zu. ESt

1997

20.7.1998

198,83

I

226,32

I

I

Solid. Zu. LSt

3. Vj. 1998

19.10.1998

18,83

I

I

I

Solid. Zu. LSt

4. Vj. 1998

24.2.1999

19,68

I

I

Zwischensumme

6.974,20

I

Summe der Säumniszuschläge

11.332,73

≫---I

Gesamtsumme

18.306,93

Weiterhin legte das Amt Steuerbescheide für 1997 über Einkommensteuer vor mit einem Zahlbetrag zu 5.185 DM Einkommensteuer und 388,87 DM Solidaritätszuschlag sowie Bescheide über USt für 1998 i.H.v. noch offenen 3.744,80 EUR mit dem angekreuzten Zahlbetrag über 72,40 EUR = 141,60 DM und für 1999 über 1.227,10 EUR. Insofern wird auf die zu den Akten gereichten Steuerbescheide verwiesen.

Ferner legte das Amt Fruchtlosigkeitsbescheinigungen des beauftragten Vollziehungsbeamten bei. Aus der Fruchtlosigkeitsbescheinigung geht hervor, dass der Schuldner am 4.2.2011, 18.2.2011 und 27.3.2011 vom Vollziehungsbeamten aufgesucht und nicht angetroffen wurde. Es wurde eine Zahlungsaufforderung zur Zahlung von 18.153,93 EUR zzgl. Säumniszuschläge und Vollstreckungskosten vergeblich hinterlegt. Weiterhin wurde eine Drittschuldnererklärung der Commerzbank v. 22.3.2011 übergeben, wonach keine Geschäftsverbindung mit dem Schuldner bestehe und dieser dort keine Konten habe. Nach Hinweis durch das AG lehnte das AG die Eröffnung des Verfahrens mit Beschl. v. 7.7.2011 ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des AG Chemnitz v. 7.7.2011 verwiesen und hierauf Bezug genommen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Finanzamts. Im Beschwerdeverfahren wurde die Schuldnerin darauf hingewiesen, dass sich die Aufstellung nicht mit den mitgeteilten Beträgen decke. Das Finanzamt legte weitere Unterlagen vor, wegen der Einzelheiten auf die zu der Akte gereichte Unterlagen verwiesen wird. Ferner legte das Finanzamt eine Bescheinigung vor, wonach der Schuldner gemäß Mitteilung v. 1.8.2011 Arbeitslosengeld II i.H.v. 658,50 EUR erhalte mit dem weiteren Zusatz, ALG II besteht ununterbrochen seit 18.7.2006.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist nach §§ 7, 6 InsO statthaft.

Diese hat in zuerkanntem Umfang vorläufig Erfolg.

Der BGH hat mit Beschl. v. 8.12.2005 (vgl. NZI 2006, 172 [BGH 08.12.2005 – IX ZB 38/05]) sowie mit Beschl. v. 5.2.2004 (NZI 2204…, 587) entschieden, dass öffentlich-rechtliche Hoheitsträger bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an Gesetz und Recht gebunden sind. An die Glaubhaftmachung ihrer Forderung sind daher keine nach dem Zweck des Gesetzes nicht veranlassten formalen Anforderungen zu stellen. Der öffentliche Gläubiger hat zur Glaubhaftmachung seiner Forderung die Vorlage der Steueranmeldung des Schuldners und der Steuerbescheide vorzulegen (hier BGH, Beschl. v. 8.12.2005, NZI 2006, 172 f. [BGH 08.12.2005 – IX ZB 38/05]). Mit Beschl. v. 21.7.2011 (NZI 2011, 712 f.) hat der BGH erneut bekräftigt, dass der Insolvenzantrag eines Finanzamts nur zulässig ist, wenn Steuerbescheide und ggf. etwaige Steueranmeldungen des Schuldners vorgelegt werden. Allein eine Liste der in der Vollstreckung befindlichen Rückstände reicht nicht aus. Nur ausnahmsweise sei eine Glaubhaftmachung der Forderung durch das Finanzamt durch Vorlage der Bescheide entbehrlich, wenn das Finanzamt die ausstehenden Steuern genau beschreibt und der Schuldner sich lediglich auf Erlassanträge und Gegenansprüche beruft. Die vom Finanzamt vorgelegten Rückstandsbescheide und internen Überwachungsbögen genügen a...

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